Acht neue Hubschrauber werden an den Hindukusch geschickt Afghanistan paradox: Mitten im Abzug rüstet die Bundeswehr auf
Alle Zeichen stehen auf den Bundeswehr-Abzug aus Afghanistan und trotzdem wird wieder schweres Kampfgerät ins Einsatzgebiet geschafft. Heute soll eine der gigantischen Antonow-Transportmaschinen von Leipzig aus starten, am Tag darauf soll sie auf dem Flugfeld von Masar-i-Scharif landen. An Bord: Zwei Kampfhubschrauber vom Typ "Tiger". Die Bundeswehr hat lange auf die 14 Meter langen Flieger mit 12,7 Millimeter Bordkanonen und Stinger-Raketen gewartet. Jetzt - zwei Jahre vor dem Ende des NATO-Kampfeinsatzes - passen sie aber irgendwie nicht mehr ins Bild.
Die Helikopter kommen am selben Tag in Masar-i-Scharif an, an dem der Bundestag in Berlin mit den Beratungen für das neue Mandat beginnt. Es soll im Januar beschlossen werden und sieht eine Verringerung der Truppenstärke um fast 30 Prozent auf nur noch 3300 Soldaten Anfang 2014 vor. Dabei müssen für insgesamt vier "Tiger" - zwei weitere sollen noch vor Weihnachten eingeflogen werden - und für vier Sanitätshubschrauber "NH-90", die im Frühjahr folgen sollen, 150 zusätzliche Kräfte nach Afghanistan.
Bis zu 1700 Fahrzeuge und 6000 Panzer zu transportieren
Zugleich rollt die Abzugskarawane in die entgegengesetzte Richtung. Bis zu 1700 Fahrzeuge und 6000 Container müssen aus Afghanistan heraus transportiert werden.
Die Bundeswehr nennt den "Tiger" offiziell Unterstützungshubschrauber. Geplant wurde er von Deutschland und Frankreich noch zu Zeiten des Kalten Krieges als Helikopter zur Panzerabwehr. Der erste Prototyp flog 1991, die Serienproduktion begann 2002, die Franzosen schickten bereits vor dreieinhalb Jahren ihre ersten "Tiger" nach Afghanistan. Die Produktion der deutschen Version durch Eurocopter dauerte und dauerte dagegen. Mal war eine mangelhafte Verkabelung verantwortlich, mal Nachrüstungen für Afghanistan - etwa mit einem Sandfilter für die Triebwerke und mit zusätzlichen Funkgeräten.
Der Zeitverzug beträgt inzwischen fünf Jahre. Fünf Jahre, in denen der "Tiger" den Soldaten in Afghanistan bitter fehlte. Im Jahr 2010, dem schlimmsten von bisher elf Einsatzjahren der Bundeswehr, hätte die Truppe eigene Kampf- und Sanitätshubschrauber am dringendsten benötigt. Bei Gefechten mit den Taliban fielen damals sieben Soldaten innerhalb von zwei Wochen. Die Toten und Verletzten wurden von "Black Hawks" der amerikanischen Verbündeten geborgen. Die Bundeswehr hat bis heute nur sechs bis zu 50 Jahre alte Transporthubschrauber vom Typ CH-53 in Afghanistan.
Stundenlange Gefechte wie 2010 gibt es heute nicht mehr, die Taliban konzentrieren sich im Zuständigkeitsgebiet der Bundeswehr in Nordafghanistan auf das Verlegen von Sprengfallen. Nach Einschätzung der Bundesregierung ist die Sicherheitslage in der Region "vergleichsweise stabil". In dem vor zwei Wochen vorgestellten "Fortschrittsbericht Afghanistan" heißt es: "Insgesamt ereigneten sich dort lediglich rund drei Prozent aller sicherheitsrelevanten Zwischenfälle landesweit."
Braucht man trotzdem noch Kampfhubschrauber? Das Verteidigungsministerium meint ja. Der Parlamentarische Staatssekretär Christian Schmidt zählte kürzlich den Schutz der Abzugskarawane zu den wichtigsten Aufgaben. Auch der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus jubelt über die Verstärkung für die Truppe. "Wir müssen unsere Soldaten dort schützen."
Noch einmal 14 Millionen Euro für Bundeswehr-Camp
Er kann sich sogar vorstellen, dass sie auch nach dem offiziellen Ende des NATO-Kampfeinsatzes im Land bleiben. "Wir müssen auch dafür sorgen, dass weiterhin die militärischen Mittel vorhanden sind, um einer Bedrohung zu begegnen." Wenn die Einsatzdauer der Hubschrauber auch noch unklar ist, das Ende des Bundeswehr-Feldlagers im nordafghanischen Kundus ist schon besiegelt. Dennoch will die Bundeswehr noch mehr als 14 Millionen Euro in das Camp investieren, wie im vergangenen Monat bekanntwurde.
Neben einem erdbebensicheren OP-Trakt am Rettungszentrum (5,9 Millionen Euro) fallen darunter Posten wie neue Straßen und Wege (4,5 Millionen Euro) oder der Umbau des Eingangstores (900 000 Euro). Die Baumaßnahmen sind nach Angaben der Bundeswehr zum Teil seit Jahren geplant. Lange profitieren wird die Truppe von den teuren Neubauten nicht können: Schon im kommenden Jahr soll das Feldlager endgültig geschlossen werden. (dpa)