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Migration 10.000 neue Plätze für Geflüchtete geplant

Immer mehr Geflüchtete kommen nach Berlin. Die aktuellen Zahlen erinnern an die Fluchtbewegung 2015/2016. Die Stadt sucht händeringend Unterkünfte - und schließt nun auch Zeltlösungen nicht mehr aus.

Von dpa Aktualisiert: 09.11.2022, 22:27
Katja Kipping (Die Linke) gestikuliert.
Katja Kipping (Die Linke) gestikuliert. Monika Skolimowska/dpa/Archivbild

Berlin - Die schon länger bestehenden Probleme bei der Unterbringung von Flüchtlingen in Berlin spitzen sich zu. Da immer mehr Geflüchtete ankommen, Aufnahme- und Gemeinschaftseinrichtungen aber so gut wie voll sind, sollen kurzfristig Tausende neue Unterkunftsplätze entstehen - notfalls auch in Zelten. „Wenn die Ankunftszahlen der letzten drei Wochen in dieser Dynamik weitergehen, werden wir bis zum Jahresende in Berlin 8000 bis 10 000 neue Unterkunftsplätze (...) schaffen“, kündigte Integrationssenatorin Katja Kipping (Linke) am Dienstag nach einer Sitzung des Senats an.

Mit Hochdruck werde weiter daran gearbeitet, Unterkünfte in festen Gebäuden zu akquirieren. „Tatsache ist aber auch, dass mit kleineren Unterkünften, die eigentlich eher Mittel der Wahl sind, man nicht auf 10 000 Plätze bis Jahresende kommt“, so Kipping. Worüber nun „eventuell“ geredet werde, seien Leichtbauhallen oder hochmoderne Einrichtungen, die wie Zelte aussehen, aber zum Beispiel direkten Zugang zu sanitären Einrichtungen bieten. „Man darf sich das jetzt wirklich nicht wie auf dem Zeltplatz vorstellen, das wäre irreführend.“

Aktuell hat Berlin rund 28 000 Plätze in Aufnahme- und Gemeinschaftseinrichtungen für Geflüchtete - so viele wie noch nie. Für die nun ins Auge gefassten zusätzlichen eher provisorischen Lösungen hat der Senat laut Kipping mehrere größere Flächen im Blick. Konkrete mögliche Standorte nannte sie aber nicht. Laut „Tagesspiegel“ (Dienstag) werden in einem Papier der Senatorin das Tempelhofer Feld, der Olympiapark, das Messegelände und Freiflächen auf dem früheren Flughafen Tegel genannt. Dass wie beim Flüchtlingsandrang 2015/2016 Turnhallen zu Unterkünften umfunktioniert werden, wolle der Senat nicht, ergänzte Kipping.

Wegen der angespannten Lage setzte die Senatorin Stufe zwei eines Notfallplanes in Kraft. Dadurch soll es möglich sein, die Verfahren bei der Akquise neuer Unterkünfte zu beschleunigen. Der Senat sei dazu auch mit dem Bund im Gespräch, der freie Liegenschaften in der Hauptstadt besitze, so Kipping. Im Sommer war bereits Stufe eins in Kraft getreten. Im Ergebnis wurde ein Zeltkomplex mit rund 900 Schlafplätzen in Tegel als Art eiserne Reserve geöffnet, zudem wurden die Bemühungen um Anmietung weiterer Unterkünfte verstärkt.

Das reicht aber schon längst nicht mehr. Die Lage ist deshalb sehr angespannt, weil einerseits die Zahl der Asylbewerber im Jahresverlauf immer mehr zunahm. Hinzu kommen Zehntausende ukrainische Kriegsflüchtlinge in der Stadt und die Befürchtung, dass deren Zahl infolge des russischen Angriffskrieges gerade im Winter wieder stärker ansteigt als zuletzt. Diese Menschen haben einen anderen Status als Asylbewerber, viele kamen zunächst privat unter. Nun brauchen aber etliche ein anderes Dach über dem Kopf.

Insgesamt nahm Berlin in diesem Jahr nach Angaben des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) bereits rund 97 000 Geflüchtete auf und damit deutlich mehr als 2015/2016. Demnach handelte es sich - Stand Ende Oktober - um rund 85 500 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine und etwa 10 700 Asylbewerber aus verschiedensten anderen Staaten. Hinzu kamen um die 800 Neuankömmlinge aus Sonderaufnahmeprogrammen.

Nach Einschätzung eines LAF-Sprechers dürfte die Marke von 100 000 Geflüchteten bis Jahresende geknackt werden. Zum Vergleich: Im Jahr 2015 sowie den ersten beiden Monaten 2016 nahm Berlin laut LAF im Zuge des damaligen großen Flüchtlingsandrangs etwa 72 000 Menschen auf. Im Jahr 2021 waren es gerade mal 7762 neue Asylbewerber.

Anders dieses Jahr: Allein im vergangenen September kamen laut LAF 2289 Asylbewerber in Berlin an - 1828 blieben, ein Teil wurde auf andere Bundesländer weiterverteilt. Hinzu kamen 1568 Menschen aus der Ukraine - also zusammen knapp 3400 Flüchtlinge. Im Oktober zählte das Amt mindestens 1723 Asylbewerber für Berlin. Die Zahl sei noch nicht komplett, weil 1300 weitere Neuankömmlinge noch gar nicht registriert seien. Außerdem wurden im Oktober 2399 ukrainische Geflüchtete registriert. Selbst nach vorläufigen Zahlen kamen insgesamt in dem Monat also mehr als 4100 Flüchtlinge hinzu.

Im bisherigen Verlauf des Novembers hält die zunehmende Tendenz bei den Ankunftszahlen nach Einschätzung von Fachleuten an. Hauptherkunftsländer der Asylbewerber waren zuletzt Syrien, Georgien, die Türkei, Afghanistan und Moldau.