Soziales Armutsforscher Butterwegge fordert Maßnahmen gegen Spaltung

Halle/Köln - Der Kölner Armutsforscher Christoph Butterwegge fordert deutliche Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, um gegen die Kluft zwischen Arm und Reich anzugehen. „Der Arbeitsmarkt muss wieder stärker reguliert, die Tarifbindung gefestigt und der Mindestlohn weiter erhöht werden“, sagte Butterwegge der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Mittwoch). „Wir brauchen zudem einen finanzstarken und armutsfesten Sozialstaat mit einer solidarischen Bürgerversicherung, in die neben Arbeitnehmern auch Selbstständige, Freiberufler, Beamte, Abgeordnete und Minister einzahlen.“
Die Steuerpolitik müsse Wohlhabende, Reiche und Hyperreiche stärker zur Kasse bitten. Butterwegge sagte, die wachsende Ungleichheit sei „längst das Hauptproblem unserer Gesellschaft. Die Folgen der sozialen Spaltung sind verheerend, denn sie gefährdet die Demokratie.“
Die Regierung unterstütze Firmen stärker als sozial Benachteiligte. Zudem sei der Arbeitsmarkt dereguliert worden, der Kündigungsschutz sei gelockert, durch Leiharbeit und prekäre Beschäftigungsverhältnisse sei ein breiter Niedriglohnsektor entstanden.
Butterwegge sagte, Armut sei lange verdrängt worden. Jetzt beschäftige man sich eher damit, weil nicht mehr nur Randgruppen wie Obdachlose und Suchtkranke betroffen seien, sondern auch die Mittelschicht. Die Bewegung #ichbinarmutsbetroffen mache das deutlich. Es sei ein Fortschritt, dass die Videos Hunderttausendfach geklickt würden. Auch eine für Donnerstag geplante Armutskonferenz des AWO Landesverbandes Sachsen-Anhalt in Magdeburg sei ein Schritt in die richtige Richtung.
Die Arbeiterwohlfahrt bringt dabei Vereine, Gewerkschaften, Betroffenenvertretungen und Verbände zusammen. Die Themen reichen von Altersarmut über Arm trotz Arbeit und Migration bis zu Gesundheit und Rehabilitation. Ziel ist es laut AWO, 2023 ein landesweites, übergreifendes und dauerhaftes Netzwerk zu gründen.