30. Todestag des DDR-Chefs Aus Schießerei wurde das Honecker-Attentat
Als er auf dem Weg zur Jagd war, soll 1982 ein Anschlag des Partei- und Staatschefs der DDR verübt worden sein. War es so?

Magdeburg/Berlin - Als Erich Honecker am 29. Mai 1994 in Santiago de Chile starb, betrauerten ihn nur die Familie und treue kommunistische Genossen. In der deutschen Heimat war der frühere erste Mann der DDR ausgegrenzt und geächtet.
Doch blieb er nach seinem Sturz 1989 von Gewalt verschont – trotz vieler Drohungen. Während seiner Amtszeit hingegen gab es einen Vorfall, der als „Attentat auf Honecker“ in die DDR-Geschichte einging.
Es war am 31. Dezember 1982, als sich der 42-jährige Paul Eßling mit seinem Lada 1300 in den Konvoi des SED-Generalsekretärs drängelte. Der 42-Jährige hatte dem Honecker-Citroën die Vorfahrt genommen. Folgen hatte das zunächst nicht, wie Bernd Brückner, oberster Personenschützer des SED-Chefs, später berichtete. Honeckers Auto habe kurz gebremst, dann ging es weiter zur Jagd in die Schorfheide, so der Stasi-Major.
Ernst wurde es jedoch, als ein Volkspolizist die Papiere von Eßling kontrollieren wollte. Der Ofensetzer war betrunken und schoss mit einer Pistole auf den Polizisten, dessen Kollege zurückfeuerte. Die Kugeln blieben in der Seitentür des Lada stecken, Eßling schoss sich in den Kopf. Brückner zeigt sich in seinem Buch über die Arbeit als Personenschützer jedoch überzeugt, dass die Schießerei in Klosterfelde bei Berlin kein geplanter Anschlagsversuch war.
Natürlich fand sich in den DDR-Medien auch nicht die kleinste Notiz von dem mysteriösen Geschehen. Dafür berichtete zwei Wochen später das westdeutsche Magazin „Stern“ über ein Attentat auf den Staatslenker der DDR. Daraufhin kochte die Gerüchteküche auf beiden Seiten der innerdeutschen Grenze hoch. Ein bewaffnetes Attentat auf Erich Honecker, Wildwest am Rand von Ostberlin? So etwas war noch nicht dagewesen. Die Stasi stellte bei ihren Untersuchungen fest, dass Ofensetzer Eßling waffenverrückt war. Er besaß zehn Schusswaffen und etwa 1.000 Patronen. Dabei war in der DDR illegaler Waffenbesitz strikt verboten. Deshalb wurde ein bewaffneter Anschlag auf die Spitzengenossen für unmöglich gehalten. Nun mussten die Personenschützer aber auch diese Situationen trainieren.
Und es passierte nichts mehr, bis es sich sieben Jahre später mit dem Sonderstatus Honeckers erledigt hatte.