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Bauhandwerk Sachsen-Anhalt Baufirmen fehlen öffentliche Aufträge

Weil Sachsen-Anhalts Kommunen Geldnöte plagen, erhalten Baufirmen
weniger öffentliche Aufträge. Nur der private Wohnungsbau boomt.

27.08.2015, 16:51

Magdeburg l Frank Schuster blickt in diesen Tagen besorgt in die Auftragsbücher seines Bau- und Natursteinbetriebs in Magdeburg. "Die Geschäfte laufen in diesem Jahr sehr schleppend", sagt er. "Momentan sind meine Mitarbeiter zwar noch ausgelastet, aber das könnte sich bald ändern, mir fehlen Folgeaufträge." Die Ursache für die Misere liegt Schuster zufolge bei den Kommunen. Weil ihre Kassen leer sind, schreiben sie weniger Aufträge für Baufirmen aus.

Für Schuster ist das ein ernstes Problem, in den vergangenen Jahren stammen 90 Prozent seiner Aufträge von der öffentlichen Hand. "Wir haben zum Beispiel die Rolandsfiguren in Magdeburg und Stendal hergestellt", erzählt er. Jetzt müsse er schauen, dass er vor allem für seine Steinmetze andere Auftraggeber findet. "Ich kann die Fachkräfte ja schlecht als Tischler einsetzen." Insgesamt beschäftigt Schuster 45 Mitarbeiter. Mit den Geschäftsfeldern Hochbau, Natursteinverarbeitung und Tischlerei erwirtschaftete er zuletzt einen Umsatz von 1,5 Millionen Euro.

Umsätze sinken

Frank Schuster ist nicht der einzige Bauunternehmer, der unter den Finanznöten der Kommunen leidet. Im öffentlichen Bau sind die Umsätze im ersten Halbjahr 2015 auf 413 Millionen Euro eingebrochen. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum beläuft sich das Minus damit auf 5,6 Prozent, berichtet Giso Töpfer, Hauptgeschäftsführer des Baugewerbeverbands. Und es gibt keine Anzeichen der Besserung: Im Hochbau sind die Auftragseingänge um 29,3 Prozent eingebrochen, im Tiefbau um 4,2 Prozent. "Dabei wäre eigentlich genug Arbeit vorhanden", klagt Töpfer, "die Kommunen verursachen wegen Geldknappheit einen riesigen Investitionsstau."

Etwas besser sieht es im Wirtschaftsbau aus, hier stieg der landesweite Umsatz um 2,3 Prozent auf rund 541 Millionen Euro. "Wegen der Russland-Sanktionen, der Krise in China und der Unruhe an den Börsen zögern aber nach wie vor viele Unternehmen, in neue Hallen und Fabriken zu investieren", erklärt Töpfer. Zugpferd für die Bauwirtschaft bleibt daher nur der Wohnungsbau. Und der brummt kräftig: Im ersten Halbjahr 2015 stieg der Umsatz auf rund 449 Millionen Euro. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist das ein sattes Plus von fast 25 Prozent. Auch die Auftragseingänge erhöhten sich um 15,5 Prozent. "Weil es für Spareinlagen weiterhin keine Zinsen gibt, setzen viele weiterhin auf Beton-Gold", erläutert Töpfer.

Mangel an Nachwuchs

Durch den Boom beim Wohnungsbau konnte das Bauhauptgewerbe in Sachsen-Anhalt zwar in der ersten Jahreshälfte unterm Strich um 5,7 Prozent zulegen und erwirtschaftete insgesamt einen Umsatz von 1,4 Milliarden Euro. Doch davon können Bauunternehmer wie Frank Schuster derzeit nicht profitieren. Der 56-Jährige wird aber so schnell nicht resignieren. "Unser Familienunternehmen wird im kommenden Jahr 130 Jahre alt, wir haben also schon einiges erlebt", erzählt er. Die Auftragslage ist aber nicht das einzige, was ihn sorgt. "Das zweite Jahr in Folge ist es uns nicht gelungen, einen Lehrling anzustellen." Ebenfalls ein Problem, unter dem die ganze Baubranche leidet. Laut Verband sucht jeder zweite Betrieb inzwischen Auszubildende und Facharbeiter.