Impfmöglichkeit: Landesregierung macht sich für Kinder stark
Die Landesregierung fordert vom Bund zügig Impfstoff für das Impfen von Schülern, wenn es eine EU-Zulassung gibt. Eine weitere Empfehlung durch die Ständige Impfkommission hält Ministerpräsident Weil für überflüssig - und verweist auf die USA.

Hannover - Mit Blick auf den „Impfgipfel“ von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten am Donnerstag hat sich die niedersächsische Landesregierung für eine Impfmöglichkeit für Kinder ab 12 Jahren starkgemacht. „Ich finde, wenn entsprechender Impfstoff zugelassen ist, dann sollte man den auch nutzen“, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Donnerstag dem Sender ffn.
„Der Bundesgesundheitsminister hat den Ländern schon den Eindruck vermittelt: Wenn ihr gute Konzepte habt, werdet ihr auch den dafür nötigen Impfstoff kriegen“, betonte Weil. „Ich würde mich wirklich freuen, wenn es möglich ist, für Schülerinnen und Schüler jetzt ein Impfangebot zu machen.“
Angestrebt wird, bis Ende August allen über Zwölfjährigen Impfangebote zu machen. Zuvor muss jedoch die EU-Arzneimittelbehörde EMA voraussichtlich an diesem Freitag über eine entsprechende Zulassung für den bisher ab 16 Jahren zugelassenen Impfstoff von Biontech und Pfizer entscheiden.
Weil warnte im Sender ffn davor, ähnlich wie bei Astrazeneca nach dem EU-Entscheid auf nationaler Ebene separate Diskussionen über die Tauglichkeit des Impfstoffs zu führen. „Ich finde, wenn ein Impfstoff zugelassen ist von der europäischen Behörde, dann sollte das doch Sicherung genug sein“. Er habe den Eindruck, dass da andere Länder wesentlich weiter sind. „Also in den USA wird jede Menge geimpft und man hat da noch nichts Schlechtes gehört.“
Mit Unverständnis hatte Weil zuvor auf Signale der Ständigen Impfkommission (Stiko) reagiert, möglicherweise vorerst keine generelle Impf-Empfehlung für Kinder auszusprechen. „Kinder und Jugendliche können sich infizieren und das Virus weitergeben, deshalb müssen sie ein Impfangebot bekommen - sofern eine Zulassung vorliegt, bei der Nutzen und Risiken abgewogen wurden“, sagte Weil dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Dass die ständige Impfkommission nun plötzlich den Sinn einer flächendeckenden Impfung von Schülerinnen und Schülern grundsätzlich in Frage stellt, irritiert mich und auch viele andere Menschen.“
Niedersachsen hatte am Dienstag ein Konzept zum möglichen flächendeckenden Impfen aller Schüler ab zwölf Jahren gegen das Coronavirus vorgelegt. Falls der Wirkstoff von Biontech/Pfizer für die Altersgruppe ab zwölf Jahren zugelassen wird und die Ständige Impfkommission (Stiko) eine Empfehlung abgibt, soll die Kampagne anlaufen.
Niedersachsen ist laut Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) bereit und kann handeln, wenn es so weit ist und die Voraussetzungen stimmen. „Dabei wird es bei der Entscheidung der Eltern bleiben“, sagte er. Es werde keine Impfpflicht geben. „Die Schule bleibt für alle Kinder und Jugendlichen offen, ganz gleich, ob sie geimpft sind oder nicht.“
Der Kinderarzt Thomas Buck, Mitglied im Vorstand der Landesärztekammer, warnte unterdessen vor einem überstürzten Impfen von Kindern. „Warum diese Eile - die Gefahr für Kinder und Jugendliche für einen sehr schweren Krankheitsverlauf ist sehr gering“, sagte Buck der Deutschen Presse-Agentur. „Die Datenlage für Impfungen von Kinder und Jugendlichen ist noch zu dünn.“
Als Kinderarzt wolle er außerdem eine individualisierte Beratung für die Eltern. „Ein mögliches Impfen in Zentren oder Schulen halte ich für verfehlt. Es würde dort in die falschen Hände gelegt.“ Bei jeder Impfung müsse individuell entschieden werden, unterstrich Buck.