MIA-Konzert in Magdeburg "Meine Texte sind der Spiegel meines Herzens"
Die Berliner Band MIA ist mit einer neuen CD zurück. Dabei war in diesem Jahr ein Album geplant. Im Interview spricht Volksstimme-Volontär Malte Schmidt mit Sängerin Mieze über die Hintergründe der abgesagten Album-Veröffentlichung, ihre neue Single "Nein! Nein! Nein!" und über das Konzert in Magdeburg.
Mieze, das neue Album ist noch nicht fertig und trotzdem gehen Sie mit Ihrer Band MIA. schon wieder auf Tour. Das ist eher ungewöhnlich...
Da haben Sie recht. Aber dieses Jahr ist alles anders als gedacht. Wir hatten eine richtig große Tour mit Album geplant. Wie man es halt so macht. Und wie wir es auch die letzten 17 Jahre gemacht haben. Doch bei 75 Prozent der Albumfertigstellung haben wir gesagt: "Nee, wir können das Timing nicht halten." Es funktioniert alles nicht so auf Knopfdruck.
Dennoch steht die Tour…
Ja, da gab es was. Und zwar das Lied "Nein! Nein! Nein!", das uns so viel bedeutet hat. Wir haben uns mit dem ganzen Team zusammengesetzt und gesagt, wir haben dieses Lied, es bringt uns zum Lachen und wir haben es im Sommer schon live gespielt. Das Video war auch fertig. Und so kamen wir mit den Veranstaltern ins Gespräch und hatten Glück im Unglück.
Inwiefern?
Die hätten auch alle abspringen können. Außer einem Veranstalter machen alle die Club-Tour mit uns, was ich echt cool finde.
Wie fühlte es sich an, den Fans erklären zu müssen, dass es kein neues Album gibt?
Total schrecklich, gerade weil wir überhaupt keine Routine in so was haben. Es gibt Bands, für die ist das überhaupt nichts Besonderes und überhaupt kein Theater. Sie verschieben das Album immer weiter. Das entsprach uns irgendwie nicht.
Seitdem wir jetzt mit "Nein! Nein! Nein!" unterwegs sind ist auch ganz schön was passiert. Der Song ist keine typische Single für uns. Gerade weil uns die Leute immer mit einem Stück wie "Tanz der Moleküle" in Verbindung bringen. Jetzt begreife ich das als verrückte Chance mit unserem neuen Song. Das hätten wir alles so gar nicht planen können.
Sie denken also, dass Sie Ihre Chance genutzt haben und nach vorne gegangen sind?
Das würde ich genau so sagen. Nach vorn gegangen finde ich gut. Dass es eine Chance ist, sehen wir erst jetzt. In dem Moment denkst du, oh Gott, aber jetzt kann ich das wirklich als Chance sehen.
Ihre Texte sind oft sehr persönlich und spiegeln in erster Linie ihre Lebenserfahrungen wider. Was ging in Ihnen vor, als Sie die Textzeilen zur Ihrer neuen Single "Nein! Nein! Nein!" aufgeschrieben haben?
Das ist auch was echt Schräges. Ich würde sagen, neun von zehn Zeilen in diesem Lied haben die Jungs geschrieben. Das gab es vorher auch noch nicht. Und ich dachte im ersten Moment: "Super, jetzt bin ich meinen Job los." Und im nächsten Moment habe ich mich gefreut und war ganz schön stolz darauf, dass die Jungs mich so gut kennen und sie mir diesen Text auf den Leib schreiben. Ich habe höchstens eine Zeile verändert, aber nicht viel mehr. Es war eine völlig neue Erfahrung und bin dankbar für dieses Stück.
Wie hilft Ihnen Musik, Probleme zu verarbeiten?
Es sind vor allem die offenen Fragen, die ich mir in meinen Texten stelle. Probleme, mit denen ich eigentlich noch nicht fertig bin. Ich liebe das Schreiben. Ich habe das Gefühl, dass mir im Schreiben weniger Missverständnisse passieren, als wenn ich etwas sage. Im Schreiben kann ich mir viel, viel mehr Zeit nehmen, um meine Gedanken zu erklären. Ich denke mir da keine Geschichten aus. Meine Texte sind der Spiegel meines Herzens.
Dachten Sie schon einmal darüber nach, mit MIA nicht mehr weiterzumachen?
Nö, es hat sich eher im Laufe der Zeit entwickelt, Sachen parallel zu machen, ohne dass ich irgendwas an MIA verliere. Ich finde, das ist eine neue Stärke. Trotzdem liebe ich die Jungs sehr und liebe das Musikmachen mit denen. Ich wünsche mir, dass es noch lange, lange ein Bestandteil meines Lebens bleibt.
Sie haben mal über sich selbst gesagt, dass Sie für Ihre Umwelt oft zu anstrengend sind. Warum ist das so?
Ich glaube, dass ich eine gewisse Lebensenergie und ein Tempo mitbringe. Andere haben schnell das Gefühl, sie müssten es kompensieren. Das ist für mich aber nicht unangenehm. Eher, wenn die Leute um mich dann ruhiger werden. Ich bin schon ein fordernder Mensch. Aber das ist nicht schlimm.
Wie viel Mieze lernen Ihre Fans auf der Tour kennen?
Mich gibt es nur ganz oder gar nicht. Und gerade jetzt, während der Club-Tour. Wir schreiben jedes Lied für die Bühne. Darum ist es für uns auch immer ein riesengroßes Fest, auf Tour zu gehen. Übrigens: Wer nicht auf das Studio-Album warten möchte, der kommt Live vorbei. Denn wir spielen die Songs vom neuen Album, die wir schon haben. Das ist auch schräg. Aber wir gehen jetzt einfach lauter unbekannte Wege. lacht
Am 18. Dezember treten Sie in Magdeburg auf. Worauf dürfen sich die Fans freuen?
Oh, gerade Magdeburg ist mir in besonderer Erinnerung geblieben. Da wir damals unsere Zirkus-Tour dort eröffnet haben. Da bin ich das erste Mal vor Publikum ans Trapez gegangen. Ich freue mich einfach auf die Magdeburger, auf die Liebe, die dort herrscht, und Spaß kann man dort auch haben wie verrückt. Und den werden wir haben.
Wie ist es denn, wieder auf Tour zu sein?
Auf Tour kenne ich mich einfach am Besten aus.
Und wie sieht ihr "normaler" Tour-Rhythmus aus?
Wir schlafen dann im Bus und steigen morgens nur am Veranstaltungsort aus. Frühstücken, dann gehen wir oft eine Stunde in die Stadt. Dann ist Soundcheck, danach Zeit für Interviews. Sie merken, es ist sehr strukturiert. Zwei Stunden vor der Show gibt es dann ein Warm-Up. Eine Stunde Sport, dann eine Stunde Stimmtraining. Ja, es ist geil. Die Energie brauche ich für das Konzert. Wie eine Endladung auf der Bühne.
Sie sitzen in der Jury der Sendung "Dein Song" (KIKA). Für Sie ist die Jugendförderung auch ein wichtiges Thema. Warum?
Es fasziniert mich einfach. Weil die Kinder ganz anders sozialisiert sind als ich. Es macht mir Spaß, kleine Menschen ganz groß zu machen. Gerade, wenn jemand sehr schüchtern ist, habe ich eine Freude daran, ihm dabei zu helfen sich selbst zu entdecken.
Können Sie die Inspiration auch mit in Ihre eigenen Lieder nehmen?
Jetzt nicht im Detail. Also keine Zeilen oder Parts. Es geht dabei um eine grundsätzliche Haltung und einen Energieaustausch, der völlig alterslos ist. Ich würde aber schon sagen, dass uns das gegenseitig inspiriert.
Wann soll denn jetzt das neue Album kommen?
Ich habe beschlossen, dass es jetzt erst einmal keine Prognose gibt. Wir sind munter dabei und wir schießen aus allen Rohren. Wer die neuen Songs erleben will, kann einfach vorbeikommen.