Ukraine-Gespräche Militärtruppe für die Ukraine: Pistorius noch vorsichtig
Europa bietet für den Fall einer Friedensregelung eine multinationale Truppe zur Unterstützung der Ukraine an. Kernfragen sind aber noch unbeantwortet. Vor allem fehlt eine Positionierung Russlands.

Berlin - Verteidigungsminister Boris Pistorius hat sich zurückhaltend zu Aufgaben einer möglichen europäischen Ukraine-Truppe geäußert. Er finde den Vorschlag im Kern gut, jedoch gebe es viele offene Fragen, machte der SPD-Politiker in Berlin deutlich.
In einer zum Abschluss der Ukraine-Gespräche in Berlin verabschiedeten gemeinsamen Erklärung heißt es, eine von Europa geführte und den USA unterstützte Truppe solle die ukrainischen Streitkräfte unterstützen und die Sicherheit des Luftraums und der Meere gewährleisten. Dies solle „auch durch Operationen innerhalb der Ukraine“ geschehen.
Das von den Europäern unterbreitete Angebot sei ein Bekenntnis zur Mitverantwortung. „Wenn (der russische Präsident Wladimir) Putin sagt, wohin er die Reise gehen will, dann werden wir weiter sehen, woraus das im Einzelnen bestehen kann“, sagte Pistorius. Offen sei in der Frage einer deutschen Beteiligung ein mögliches Mandat des Bundestags und „unter wessen Kommando findet eigentlich was, wo und in welchem Rahmen statt“, sagte er.
Pistorius und sein britischer Amtskollege John Healey leiteten im Anschluss eine virtuelle Sitzung der Ukraine Defence Contact Group (UDCG), in der mehr als 50 Nationen Militärhilfe für die Ukraine organisieren.
Healey sprach mit Blick auf die Berlin-Gespräche von einem wesentlichen Moment in dem Krieg und Signalen des Fortschritts in den Friedensgesprächen. Er bereite die britischen Streitkräfte vor, „so dass wir einsatzbereit sind, wenn es Frieden gibt - mit Truppen am Boden und Jets in der Luft“. Allerdings lasse Putin seine brutalen Angriffe auf die Ukraine fortsetzen. In den vergangenen beiden Monaten seien 20.000 Drohnen und Raketen auf die Ukraine abgefeuert worden.
Kreml kommentiert keine Medienberichte über Gespräche
Der Kreml bekräftigte unterdessen seine Ablehnung einer Waffenruhe im Ukraine-Krieg und wies damit einen Vorstoß von Bundeskanzler Friedrich Merz zurück. „Wir wollen Frieden, wir wollen keine Waffenruhe“, in der die Ukraine Atem schöpfen und sich auf die Fortsetzung des Kriegs vorbereiten könne, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow russischen Agenturen zufolge zur Idee einer Weihnachtswaffenruhe. Russland wolle den Krieg beenden und seine Ziele erreichen.
Merz hatte Kremlchef Putin am Montag zu einer Waffenruhe in der Ukraine über Weihnachten aufgefordert. Ukrainer, US-Amerikaner und Europäer hatten am Sonntag und Montag in Berlin über eine Friedenslösung für die vor fast vier Jahren von Russland angegriffene Ukraine gesprochen.
In der am Montagabend verabschiedeten Erklärung setzen sich europäische Staats- und Regierungschefs für eine multinationale Truppe zur Absicherung eines Waffenstillstands in der Ukraine ein.
Russische Vertreter waren bei den Gesprächen in Berlin nicht dabei. Moskau habe den Text über Sicherheitsgarantien für die Ukraine noch nicht gesehen und werde keine Medienberichte dazu kommentieren, sagte Peskow.
Europäische Truppe soll Ukraine unterstützen
Die Militärtruppe ist eine von mehreren Zusagen, die die unterzeichnenden Staaten für den Fall abgeben, dass eine Vereinbarung zur Beendigung des Krieges erzielt wird. Neben Merz unterschrieben die Erklärung auch seine Kolleginnen und Kollegen aus Frankreich, Großbritannien, Polen, Italien, Dänemark, Finnland, den Niederlanden, Norwegen und Schweden sowie EU-Ratspräsident António Costa und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Von US-Seite gab es zu der Erklärung zunächst keine Stellungnahme. Zuvor hatte ein hochrangiger US-Beamter gesagt, dass in einem Sicherheitspaket auch Maßnahmen zur Überwachung und Konfliktvermeidung vorgesehen wären, damit sich die ukrainische Bevölkerung sicher fühle. Auf US-Bodentruppen in der Ukraine läuft es laut dem Beamten aber nicht hinaus.
Über eine internationale Truppe zum Schutz der Ukraine wird seit längerem diskutiert. Die USA hatten unlängst ausgeschlossen, sich an einer solchen Truppe zu beteiligen. Trump hatte im Sommer aber gesagt, die Vereinigten Staaten seien bereit, die Verbündeten – etwa aus der Luft – zu unterstützen. Vor allem Frankreich und Großbritannien dringen seit längerem auf konkrete Vorbereitungen, Deutschland war eher zurückhaltend. Russland lehnt den Einsatz von Truppen zur Überwachung eines Waffenstillstands kategorisch ab.
In der Erklärung der Europäer wird der Ukraine auch „anhaltende und erhebliche Unterstützung“ ihrer Streitkräfte zugesichert, die in Friedenszeiten eine Stärke von 800.000 Soldaten haben sollten.
Das Dokument setzt den Schlusspunkt der zweitägigen Verhandlungen in Berlin, an denen am Sonntag und Montag neben den wichtigsten europäischen Verbündeten der Ukraine und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auch eine US-Delegation unter Führung des Sondergesandten der US-Regierung, Steve Witkoff, teilgenommen hatte.