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Ausstellungen Raubkunst: Humboldt Forum zeigt erstmals Benin-Bronzen

Es sind wertvolle Kunstschätze. Die Benin-Bronzen in deutschen Museen stehen symbolisch für die Debatte um Rückgaben von kolonialem Raubgut. Im Humboldt Forum Berlin sind sie mit neuem Status zu sehen.

Von Gerd Roth, dpa Aktualisiert: 15.09.2022, 14:18
Vor Beginn einer Pressekonferenz vor der letzten Teileröffnung des Humboldt Forums stellen sich alle Kuratoren zu einem Gruppenbild zusammen.
Vor Beginn einer Pressekonferenz vor der letzten Teileröffnung des Humboldt Forums stellen sich alle Kuratoren zu einem Gruppenbild zusammen. Wolfgang Kumm/dpa

Berlin - Es ist ein kleiner Kreis, der den Unterschied markiert. Auf den Bildhinweisen neben den Kunstschätzen findet sich in orangefarbenen Buchstaben das Wort „Leihgaben“. Die Erläuterungen weisen auf eine bahnbrechende Eigentumsübertragung hin, vorläufiger Höhepunkt einer seit Jahren tobenden Debatte um Rückgaben von kolonialem Raubgut aus deutschen Depots. Die Benin-Bronzen gehören nun einem Museum in Nigeria, in dem das frühere Königreich Benin liegt. Mit seinem letzten Öffnungsschritt zeigt das Humboldt Forum Berlin einen Teil seines alten Bestandes - als Leihgaben.

Der Prozess hat auch im Haus sichtbare Spuren hinterlassen. Hinter dem einzeln präsentierten Gedenkkopf einer Königinmutter aus dem 16. Jahrhundert findet sich noch das mächtige Metallgerüst, das einen Teil der ursprünglich rund 200 für die Ausstellung geplanten Kunstwerke tragen sollte. Nun sind es noch etwa 40.

Dem Berliner Beispiel dürften bald andere Museen des Landes folgen. Etwa 1130 der kunstvollen Stücke sind in rund 20 deutschen Museen zu finden. Die Objekte, meist aus Bronze, aber auch aus Elfenbein und Holz gefertigt, stammen größtenteils aus den britischen Plünderungen des Jahres 1897.

Über die umfangreichsten Sammlungen verfügen nach dem Ethnologischen Museum in Berlin das Linden-Museum in Stuttgart, das Museum am Rothenbaum (Hamburg), das Rautenstrauch-Joest-Museum (Köln) sowie das Völkerkundemuseum Dresden/Leipzig. Überall wird über Eigentumsübertragungen und Rückgaben gesprochen.

Die zwei Benin-Räume im Humboldt Forum stehen neben einer Vielzahl von Höhepunkten. Der 680 Millionen Euro teure Bau hinter der umstrittenen rekonstruierten Schlossfassade öffnet nach einem Festakt an diesem Freitag mit einem 24 Stunden umfassenden Programm, das am Samstag beginnt.

Ergebnis der intensiven Vorbereitung mit den Herkunftsgesellschaften sind etwa Sonderausstellungen wie zu den Omaha in den USA, den Naga in Indien oder Aspekten des Islams. Die jeweiligen Co-Kuratorinnen fassten ihre durchweg als positiv geschilderten Erfahrungen im Schlagwort der Projekte zusammen: „We talk, you listen!“

Zu den Highlights der im Zeichen der Kolonialismus-Debatte ebenfalls kräftig überarbeiteten Dauerausstellung zählt das Humboldt Forum etwa ein traditionelles Versammlungshaus aus Palau, ein fidschianisches Doppelrumpfboot oder die über zwei Stockwerke reichenden Cotzumalhuapa-Stelen aus dem heutigen Guatemala. Die 23 Meter langen historischen Abgüsse der Reliefs aus der berühmten Tempelanlage
Angkor Wat zeigen die Szenen aus Himmel und Hölle besser erhalten als das Original in Kambodscha. Atemberaubend ist auch die Rekonstruktion der begehbaren buddhistischen Höhle der Ringtragenden Tauben.

Nach coronabedingt zunächst nur digitalem Zugang 2020 und zwei ersten Öffnungsschritten im vergangenen Jahr ist das Humboldt Forum im Herzen Berlins damit komplett zugänglich. Für einen Besuch empfehlen sich viel Zeit und bequemes Schuhwerk - das riesige Gebäude umfasst rund 40.000 Quadratmeter. Für die Ausstellungen verantwortlich sind zwei Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, das Land Berlin, die Humboldt-Universität und die Stiftung Humboldt Forum. Gezeigt werden Exponate aus Asien, Afrika, Amerika, Ozeanien und Berlin.