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Wissenschaftler: „Laborwald“ nach Brand geht es gut

Einfach mal nichts tun: Nach einem verheerenden Brand 2018 bei Treuenbrietzen hat genau das dem Wald sichtlich gut getan. Junge Bäume wachsen heran - ohne dass sie von Menschenhand in den Boden gesetzt wurden. Einfach so.

Von dpa 12.07.2021, 05:28
Erste Pflanzen wachsen im abgebranntem Stadtwald.
Erste Pflanzen wachsen im abgebranntem Stadtwald. Bernd Settnik/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild

Potsdam - Die vergangene Hitze mit großer Trockenheit und dann folgender Starkregen hat der Forschungswald bei Treuenbrietzen (Landkreis Potsdam-Mittelmark) gut überstanden. „Beim Feuer 2018 angekohlte Bäume fallen langsam um, sie schützen Boden und nachwachsende Pflanzen. Totes Holz schützt Leben!“, sagte Waldökologe Pierre Ibisch von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde auf Anfrage. „Wetterextreme wirken sich hier nicht so gravierend aus“, erläuterte er.

Nach dem katastrophalen Feuer vor drei Jahren war die Entscheidung von der Kommune und anderen gefällt worden, ein 28 Hektar großes Areal einfach sich selbst zu überlassen - von der Wissenschaft beobachtet. „Die Natur sollte ihren Lauf nehmen, und der Mensch vor allem lernen und nicht mit aktiven Maßnahmen einschreiten“, sagte Ibisch.

Nun wachsen vor allem junge Pappeln heran - teilweise bis über zwei Meter hoch. Sie haben sich selbst ausgesät und schon massiv ausgebreitet. Dort finden Insekten und andere Tiere ihren Lebensraum. Die wiederum dienen als Futter für Vögel. „Es ist wunderbar zu sehen, wie sich die biologische Vielfalt entfaltet“, sagte der Experte.

„Die Pflanzen, die nach der Katastrophe 2018 trotz geringer Niederschläge und großer Hitze seitdem durchgehalten haben, verdienen Respekt“, betonte Ibisch. Mit meterlangen, weit verzweigten Wurzeln nutzen die Pappeln die knappen Wasservorräte effektiv. Zudem bilden sie Symbiosen mit sehr vielen Pilzarten aus, von denen sie zusätzlich mit Wasser und Nährstoffen versorgt werden. „Ökosysteme stärken sich durch das Zusammenwirken aller Organismen“, betonte Ibisch.

Am Hitzerekordtag im Juni seien auf einer Kahlfläche in der Nachbarschaft - wo es Neuanpflanzungen durch die Forstwirtschaft gebe - Oberflächentemperaturen des Bodens von über 50 bis 60 Grad ermittelt worden. Im „Freilandlabor“ unter toten Stämmen war es 20 bis 30 Grad kühler. Hier liege der Erdboden nicht frei. Fast überall werde er inzwischen von Moosen und krautigen Pflanzen bedeckt. „Regenwasser wird besser zurückgehalten“, sagte er. Im konventionell aufgeforsteten Waldstück haben zahlreiche Setzlinge die vergangenen Hitzeperioden hingegen nicht überstanden.

Der Ökologe warnte generell davor, durch Bearbeitung von Flächen - etwa durch Rodungen oder Pflügen - das Ökosystem zu schädigen. Gerade unter extremen Witterungsbedingungen könne sich der Wald immer weniger regenerieren und regulieren. „Aus ökologischen und auch aus ökonomischen Gründen ist es sinnvoll, die Naturkräfte zu nutzen und zu stärken“, plädierte Ibisch.

Bei dem Feuer 2018 wurden 400 Hektar Wald bei Treuenbrietzen in Mitleidenschaft gezogen. Tausende Bäume verbrannten oder starben danach ab. In Brandenburg gibt es 1,1 Millionen Hektar Wald. Drei von vier Bäumen sind Kiefern - und besonders anfällig für Flammen und Schädlinge.