Existenz von Millionen im Pazifik bedroht Klima-Not: Inseln versinken im Meer
Wenn Ursula Rakova von ihrer Heimat spricht, leuchten die Augen. "Unser Leben war immer gut", sagt sie. Das ist vorbei. Denn Rakova hat ihren Carteret-Inseln in Papua-Neuguinea den Rücken gekehrt. Gezwungenermaßen. Die Inseln versinken, weil der Meeresspiegel steigt, unter anderem wegen der wachsenden CO2-Emissionen durch menschlichen Lebenswandel. Sie heizen das Klima an, was das sogenannte ewige Eis zum Schmelzen bringt.
Aus Rakovas eigener Insel, Huene, sind zwei geworden, weil ein Stück Land nach einem Sturm unter Wasser blieb. Am Strand stürzen Palmen ins Wasser. Rakova zeigt dies in Videos auf YouTube. Sie will die Welt wachrütteln.
"Wir löschen unseren Durst nur noch mit Kokosnussmilch, alle Süßwasserquellen sind mit Meerwasser verseucht", erzählte sie auf der Klimakonferenz 2007 in Bali. "Bei Flut stehen unsere Gärten unter Wasser, unter dem Salz geht alles kaputt." Sie haben jahrelang Mangroven gepflanzt, um die Küsten zu festigen, und Wellenbrecher aus Muschelschalen. Aber der Kampf gegen den Ozean ging verloren.
"Die Menschen leben fast nur noch von Fischen und Kokosnüssen", sagt der ehemalige Einwohner Paul Tobasi. "Früher wurden noch Süßkartoffeln und anderes angepflanzt - das ist alles weg, der Boden ist versalzen." In den Feldern schwimmen nach Stürmen Stachelrochen und Haie. Im Sommer haben wieder sieben Familien der einst 2500 Einwohner aufgegeben und sind auf die Insel Bougainville umgezogen.
Der Weltklimarat (IPCC) geht von einem Anstieg des Meeresspiegels bis Ende des Jahrhunderts von bis zu 59 Zentimetern aus. Für viele tiefliegende Inselstaaten ist das lebensbedrohlich. Aber auch in den höher gelegenen Inselstaaten wie Fidschi oder den Salomonen-Inseln spiele sich der Großteil des Lebens und der Wirtschaft an den Küsten ab, schrieb Patrick Nunn, Professor für Ozeanische Geowissenschaft, 2009 an der Universität Südpazifik auf Fidschi. Sie wären ebenso stark betroffen. In den 22 Pazifik-Inselnationen mit sieben Millionen Einwohnern ist der Klimawandel schon jetzt überall zu spüren. Das "Pacific Climate Change Science Programme" der australischen Regierung hat das in einer aktuellen Studie gerade belegt.
Drastischer sind die konkreten Beispiele: In Samoa, 180 000 Einwohner, ist der Meeresspiegel seit 1993 um vier Millimeter im Jahr gestiegen, in Tuvalu (10500 Einwohner) um fünf und in Tonga (105000) um sechs Millimeter. Nicht anders sieht es in Kiribati, den Cook- und den Marshall-Inseln aus. Bei den einen gibt es mehr Regen und Überschwemmungen, bei den anderen weniger Regen und dafür Dürren.
Die Prognose ist für alle gleich beängstigend: "Die Meeresspiegel werden weiter steigen, die Versauerung der Meere schreitet voran, es gibt mehr heiße Tage, mehr extreme Regenfälle und zwar weniger, aber intensivere Zyklone", heißt es in der Studie. Zwei bis elf Prozent stärkere Winde, 20 Prozent mehr Regen im Umkreis von 100 Kilometern um das Auge des Sturms. Der Meeresspiegel dürfte bis 2030 bis um 15 Zentimeter steigen.
Das ist auch in anderen Weltregionen fatal: Während Bangladesch und Indien um die unbewohnte New Moore- oder Talpatti-Insel stritten, versank das Eiland vor kurzem im Meer. Die Malediven könnten in ein paar Jahrzehnten auch verschwunden sein. Ihr Präsident Mohamed Nasheed zitierte vor zwei Jahren medienträchtig das ganze Kabinett zu einer Unter-Wasser-Sitzung.
Ursula Rakova beschwört Klimaverhandler, den Ausstoß der klimaschädlichen Treibhausgase zu begrenzen. "Für uns ist es eine Frage von Leben und Tod. Fortzugehen bricht uns das Herz." (dpa)