Der österreichische Umweltminister Nikolaus Berlakovich: Laufzeitverlängerung für Atommeiler ist ein fatales Signal
Am 19. Oktober wollen Experten aus den Umweltministerien Österreichs und Deutschlands über Sicherheitsaspekte und Folgen der Laufzeitverlängerung der 17 deutschen Atommeiler für Österreich beraten. Österreich hat keine Atomkraftwerke und hat den Entschluss der Bundesregierung in Berlin mehrfach scharf kritisiert. Die dpa-Journalistin Miriam Bandar sprach mit dem österreichischen Umweltminister Nikolaus Berlakovich.
Frage: Was fordern Sie von Deutschland?
Nikolaus Berlakovich: Mein und Österreichs Interesse ist maximale Sicherheit für unsere Bevölkerung. Uns ist klar, dass jeder Staat souverän seine Energieversorgung wählen kann – das steht außer Streit. Aber die radioaktive Wolke macht nicht vor unserer Grenze Halt. Wir wollen wissen, was in Deutschland unternommen wird, um die Atomkraftwerke sicherer zu machen und wie es speziell um die grenznahen Atomkraftwerke steht.
Isar I hätte im nächsten Jahr abgeschaltet werden sollen und soll jetzt noch bis 2019 laufen. Namhafte deutsche Umweltorganisationen bestätigen, dass Isar I nicht sicher ist. Dieser Reaktor ist nicht nur veraltet, sondern liegt auch an der Isar. Wenn etwas passieren würde, würde das kontaminierte Wasser über die Isar in die Donau gelangen. Daher sind wir mehrfach betroffen. Wir wollen, dass Isar I abgeschaltet wird oder dass Deutschland den Reaktor so sicher macht, dass nichts mehr passieren kann. Das ist in beiderseitigem Interesse - Deutschland will ja auch seine Bevölkerung schützen.
Frage: Was haben Sie bisher unternommen?
Berlakovich: Sobald die Einigung in der deutschen Koalition bekannt wurde, habe ich mit meinem Amtskollegen Röttgen Kontakt aufgenommen. Ich habe ihm gesagt, dass ich im Sinne gut nachbarschaftlicher Beziehungen erwarte, dass wir volle Informationen über die Details des Regierungsbeschlusses erhalten. Er hat mir das zugesagt. Es wird am 19. Oktober ein Expertengremium geben, wo uns Deutschland die Details des Beschlusses erklären wird – besonders die Situation der grenznahen Atomkraftwerke. Darüber hinaus habe ich einen Regierungsbeschluss in Österreich erreicht, wo wir unsere Forderungen an Deutschland formuliert haben.
Frage: Und die Reaktion auf Ihre Forderung nach der Abschaltung von Isar I?
Berlakovich: Da kann ich nicht sagen, dass dort Verständnis ist. Aber das ist unser Anliegen. Ich habe ja auch nicht erwartet, dass Herr Röttgen oder die deutschen Behörden sofort sagen "Hurra, das machen wir". Da gibt es keine Zusagen.
Frage: Wie kann Österreich seinen Forderungen mehr Nachdruck verleihen?
Berlakovich: Verhandeln. Um im Sinne der guten Nachbarschaft eine Lösung zu finden. Momentan versuchen alle Ebenen der Bundesregierung - vom Bundeskanzler bis zu uns – ihre Kontakte zu Deutschland zu nutzen, um unseren Wünschen Nachdruck zu verleihen. Ich habe kein Interesse an einem Konflikt zu Deutschland, aber das legitime Interesse, unserer Bevölkerung Sicherheit zu geben, die verunsichert ist.
Frage: Deutschland macht es sich mit der Laufzeitverlängerung mit dem Erreichen der Klimaziele leicht – fürchten Sie eine negative Vorbildfunktion?
Berlakovich: Deutschland ist ein wichtiger Staat – nicht nur in der Europäischen Union, sondern auch weltweit. Daher hat das deutsche Verhalten schon Beispielwirkung. Deutschland ist darüber hinaus noch ein High-Tech-Land. Also ein Land, wo die Umwelttechnologie sehr erfolgreich ist. Für mich ist Deutschland ein wichtiger Partner im Kampf um mehr erneuerbare Energien. Es ist schon ein fatales Signal, wenn man jetzt sagt, wir setzen zumindest die nächsten Jahrzehnte nach wie vor auf die Atomkraft.