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Mehr Geld für EU-Beamte und EU-Abgeordnete Fettes Plus in der Krise

Inmitten der Energiekrise sollen die meisten Mitarbeiter der EU – auch die hochbezahlte EU-Spitze – eine deutliche Gehaltserhöhung bekommen. Die Meinungen darüber sind auch unter Europapolitikern gespalten.

18.10.2022, 11:43
Auch EU-Chefin Ursula von der Leyen – hier bei einem Besuch in Tallinn (Estland) – könnte demnächst eine deutliche Gehaltssteigerung erhalten.
Auch EU-Chefin Ursula von der Leyen – hier bei einem Besuch in Tallinn (Estland) – könnte demnächst eine deutliche Gehaltssteigerung erhalten. Foto: Imago

Rekordinflation, explodierte Energiepreise, Unsicherheit wegen des Kriegs in der Ukraine - viele Bürger sind durch die Folgen politischer Entscheidungen gezwungen, ihren Lebensalltag einzuschränken. Der Winter naht, und mit ihm die Angst, in der eigenen Wohnung zu frieren.

Doch parallel steht für EU-Beamte ein Gehaltsplus auf der Tagesordnung, das in diesem Jahr auch noch besonders groß ausfallen soll – und zwar nicht nur für einfache Angestellte, sondern auch für Topverdiener wie Europaabgeordnete und hochrangige Beamte.

Das Gehaltsplus in geplanter Höhe von 6,9 Prozent ist Teil einer regelmäßigen Steigerung der EU-Gehälter für die Zehntausenden Mitarbeiter in Belgien und Luxemburg. Davon profitieren sowohl einfache Angestellte als auch Abgeordnete, EU-Kommissare und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die deutsche Behördenchefin verdient schon jetzt allein ein Grundgehalt von rund 30 000 Euro im Monat.

Die Erhöhung beruht auf einem Beschluss des Europaparlaments und der EU-Staaten von 2013, wie aus Angaben der Kommission hervorgeht. Die Behörde betont, dass es nicht nur um eine Inflationsanpassung geht, sondern die Steigerung auch von der Höhe der Beamten-Gehälter in den Mitgliedsstaaten abhängt. Die Behörde betont zudem, dass die Erhöhung um 6,9 Prozent noch nicht final feststeht.

Der AfD-Haushaltspolitiker Joachim Kuhs findet das Plus nicht gerechtfertigt. „Die höheren Lohngruppen benötigen keine Lohnerhöhung“, sagt der Europaabgeordnete. Seiner Meinung nach sollten EU-Abgeordnete und andere Spitzenverdiener bis zu zwölf Monate auf ein Gehaltsplus verzichten. Angesichts der derzeitigen Preissteigerung sei mehr Geld für die niedrigen Lohngruppen in der EU aber dringend geboten.

Ähnlich sieht das auch die neue Co-Chefin der Grünen-Fraktion im Europaparlament. Sie glaube, dass eine Gehaltserhöhung bei Spitzenverdienern derzeit keine wichtige politische Forderung sei, im Gegenteil, sagt Terry Reintke. „Da könnte man auch wahrscheinlich einfach mal ein paar Sachen aussetzen.“

Grünen-Abgeordneter verteidigt Gehaltsplus

Selbst innerhalb der EU-Kommission wird ein automatisiertes Gehaltsplus in Krisenzeiten kritisch gesehen. Wichtig im Kampf gegen Inflation sei es, Lohnspiralen zu verhindern, sagte Kommissionsvize Valdis Dombrovskis über hohe Gehaltssteigerungen noch im Mai. Es liege in der Verantwortung der Sozialpartner, „das richtige Gleichgewicht zu finden“. Unter Lohnspiralen versteht man steigende Löhne bei steigenden Preisen, wodurch Unternehmen wiederum noch höhere Preise aufgrund der gestiegenen Lohnkosten rechtfertigen.

Der Sprecher der deutschen Grünen im Europaparlament, Rasmus Andresen, verteidigt das Vorhaben. „Es ist ein immer wiederkehrender populistischer Reflex die Bezüge der Menschen, die für EU-Institutionen arbeiten, als überhöht zu kritisieren“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Die Hintergründe der Beschäftigungs- und Lebenssituationen der Beamten und Angestellten spielten dabei oft keine Rolle. „Obwohl EU-Beamte und Angestellte viele Privilegien genießen, bekommen auch sie die stark gestiegenen Preise zu spüren.“

Entscheidung fällt final Ende Oktober

Final soll Ende Oktober bestimmt werden, wie stark die Gehälter wirklich steigen sollen. Klar ist aber, dass auch die geplante Erhöhung letztlich zum überwiegenden Teil von den Steuerzahlern der EU-Nettozahlerländer kommt – allen voran Deutschland. Wie man in der Spitze der Ampel über den in der jetzigen Situation höchst unpassenden Plan denkt, ist bislang nicht bekannt.

Wie aus EU-Kreisen betont wird, würden EU-Mitarbeitende trotz der geplanten Gehaltserhöhung angesichts der derzeitigen Preissteigerungen an Kaufkraft verlieren. (dpa/vs)