Ukraine-Krieg Mehrheit will Friedensverhandlungen
Fast 15 Monate nach dem russischen Angriff auf die Ukraine wünscht sich eine Mehrheit der Deutschen, dass die Ukraine mit Russland über eine Friedenslösung verhandelt.

Berlin/Kiew/Moskau - dpa/uk
Kurz vor dem möglichen Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Deutschland plädierten in einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur 55 Prozent für Gespräche mit dem Ziel der Beendigung des Krieges. Nur 28 Prozent sind dagegen.
Mehrheit auch gegen Nato-Beitritt der Ukraine
Auch die von Selenskyj geforderte Einladung der Ukraine in die Nato lehnt die Mehrheit der Befragten ab. 54 Prozent sind dagegen und nur 27 dafür, der Ukraine zum jetzigen Zeitpunkt eine Mitgliedschaft in Aussicht zu stellen.
Verhandlungen, mit denen zumindest ein Waffenstillstand erzielt werden sollte, hatte es zwischen Kiew und Moskau zwischen Ende Februar und Anfang März 2022 im weißrussischen Grenzort Gomel gegeben. Sie waren schließlich ergebnislos abgebrochen wurden.
Aufschlussreich in dieser Sache war ein fünfstündiges Interview mit dem früheren israelischen Ministerpräsidenten Naftali Bennett im Februar dieses Jahres mit dem US-Fernsehsender CNN. Bennett sagte damals, dass ein Waffenstillstand zwischen der Ukraine und Russland in der Anfangsphase des Krieges im Bereich des Möglichen lag.
In einem weiteren Interview mit dem israelischen Journalisten Hanoch Daum berichtete Bennett von erheblichen ukrainischen und russischen Zugeständnissen für einen Friedensschluss. Aus seiner Sicht haben vor allem die Staatsführungen von Großbritannien und der USA den Waffenstillstand verhindert, zitierte der „Tagesspiegel“.
Begonnen haben soll sein Bemühen um eine friedliche Lösung mit Gesprächen mit Selenskyj. Der ukrainische Präsident soll Bennett beauftragt haben, herauszufinden, ob es die russischen Truppen auf ihn persönlich abgesehen hätten.
Bennett betonte damals, dass er jeden seiner Schritte eng mit den westlichen Verbündeten abgestimmt habe. Johnson habe damals die „aggressive“ Position vertreten, dass „man Putin weiter bekämpfen muss“, wogegen Scholz und Macron eher pragmatisch eingestellt waren.
In der US-Regierung seien beide Positionen vertreten gewesen, zitierte das Portal „Telepolis“. Auf die Frage, ob die westlichen Verbündeten die Initiative letztlich blockiert hätten, antwortete Bennett: „Im Grunde genommen, ja. Sie haben es blockiert, und ich dachte, sie hätten Unrecht.“
Die ukrainische Führung hofft unterdessen darauf, den Krieg gegen Russland möglicherweise noch in diesem Jahr beenden zu können. „Zum Winter wollen wir den Krieg komplett beenden“, sagte der Sekretär des Rats für nationale Sicherheit und Verteidigung, Olexij Danilow, gestern der aserbaidschanischen Nachrichtenagentur Report. Damit sei die vollständige Befreiung des ukrainischen Staatsgebiets von russischen Truppen – einschließlich der bereits 2014 von Russland annektierten Halbinsel Krim – gemeint.