Bundesaufnahmeprogramme Pakistan: Afghanen mit deutscher Aufnahmezusage festgenommen
Mehr als 2.000 Menschen aus Afghanistan warten in Pakistan auf die Ausreise nach Deutschland. Doch dann werden sie in ihren Unterkünften von Sicherheitskräften überrascht.

Islamabad - Pakistanische Behörden haben nach Angaben eines lokalen Polizeisprechers mehrere Afghanen festgenommen, die eine Aufnahmezusage von Deutschland haben. Mindestens 20 Menschen seien in Abschiebezentren in der Hauptstadt Islamabad gebracht worden, hieß es.
Der Deutschen Presse-Agentur liegen Aussagen eines Afghanen vor, der bereits in die Grenzstadt Peschawar gebracht wurde. Ein anderer Bewohner der Gästehäuser, wo die Menschen untergebracht sind, berichtete von Familien, die aus Furcht vor weiteren Verhaftungen bereits ihre Koffer gepackt hätten. Am Mittwoch habe es Razzien in mehreren Unterkünften gegeben, auch am Donnerstag seien mehrere Familien verhaftet worden. Der Besitzer eines Gästehauses nannte dpa sieben Familien, die in seiner Unterkunft am Donnerstag verhaftet wurden. In einem weiteren Gästehaus hieß es seitens eines Wachmannes, dass neun Familien am gleichen Tag von den Behörden mitgenommen wurden.
Wie Reporter ohne Grenzen mitteilte, habe die pakistanische Polizei auch einen Journalisten mit Aufnahmezusage sowie seine Familienmitglieder bereits am Mittwoch in ein Abschiebelager gebracht. Die Organisation forderte die Bundesregierung auf, sich für seine Freilassung einzusetzen.
Die Zeitungen „taz“ und „Welt“ berichteten unter Berufung auf mit der Angelegenheit betraute Personen, dass bereits weitere Afghanen in ihre Heimat abgeschoben worden seien. Die Organisation Kabul Luftbrücke berichtete ebenfalls von Personen, die nach Afghanistan zurückkehren mussten. Nach Informationen der „Welt“ laufen Bemühungen seitens deutscher Diplomaten und Beamten sowie Mitarbeitern der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, pakistanische Regierungsstellen dazu zu bringen, inhaftierte Afghanen mit Aufnahmezusage nicht abzuschieben.
Aufnahmeprogramme gestoppt
Nach der Machtübernahme der Taliban im August 2021 wurden in Deutschland verschiedene Aufnahmeverfahren für Menschen aus Afghanistan eingerichtet. Die neue Bundesregierung von Union und SPD stoppte die Programme Anfang Mai. Auch zuvor erwies sich die Ausreise als schwierig: Es sind - auch aus Sicherheitsgründen - mehrere Ministerien und Behörden damit befasst.
Nach Angaben des Auswärtigen Amtes vom 20. Juni warten rund 2.400 Afghaninnen und Afghanen in Pakistan darauf, dass sie ein Visum bekommen. Unter den Afghanen mit Aufnahmezusage sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums etwa 350 ehemalige Ortskräfte deutscher Institutionen mit ihren Angehörigen.
Die pakistanischen Behörden hatten bereits in den vergangenen Monaten mehrere Afghanen mit Aufnahmezusage für Deutschland vorübergehend festgenommen. In Pakistan finden derzeit Massenabschiebungen von Afghanen statt - diese sollten sich jedoch nicht gegen Leute mit deutscher Aufnahmezusage richten.
Von Kabul Luftbrücke hieß es, dass die Organisation ständig neue Hilferufe erreichten. Pakistanische Sicherheitskräfte würden teils Gewalt anwenden und es lägen der Organisation auch Berichte vor, dass Familien getrennt würden. „Die Deutsche Botschaft Islamabad kann die Betroffenen offenkundig nicht effektiv schützen“, hieß es. Kabul Luftbrücke forderte die umgehende Ausstellung der Visa für die Betroffenen.