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Kommentar Putins Krieg: Opfert der Westen wieder ein Stück der Ukraine?

Die Ukraine könnte ein Teil ihres Landes dem Frieden opfern, deutet Nato-GeneralsekretärJens Stoltenberg an. Das ist auch ein Signal in Richtung Putin. Eine Strategie des Westens zeichnet sich ab.

15.06.2022, 15:19
Alois Kösters
Alois Kösters Schlicht

Die Botschaft an Wladimir Putin ist klar: Solltest du dich mit nur einem weiteren Teil der Ukraine zufrieden geben, werden wir die Ukraine zum Waffenstillstand bewegen. Die territoriale Unversehrtheit der Ukraine hat für den Westen nie eine große Rolle gespielt. Schon 2014 hat Angela Merkel den Ukrainern die Autonomie der von Russland eroberten Gebiete im Osten abgepresst, während die Annexion der Krim schon bald kein Thema mehr war. Auf Kosten der Ukraine wurde der Konflikt eingefroren, damit die Gasgeschäfte weiterlaufen konnten.

„Land für Frieden“

„Land für Frieden“ soll offensichtlich auch den zweiten Ukraine-Krieg vorerst beenden. US-Präsident Joe Biden hatte ja schon vor dem neuerlichen russischen Einmarsch angedeutet, dass er bereit wäre, den Russen Gebiete im Osten der Ukraine zuzugestehen.

Dosierte Aufrüstung

Aber diesmal wirft man dem russischen Bären womöglich den gesamten Donbas in den Rachen, damit er Ruhe gibt. Angesichts dessen, dass zum Beispiel die deutsche Regierung anfangs davon ausgegangen ist, dass sie den Russen die ganze Ukraine überlassen müssen, kein unwahrscheinliches Szenario.

Auch die wohl dosierten Waffenlieferungen und sorgfältig ausgesuchten Waffengattungen sind ein Signal an Russland. Viele moderne schwere Waffen erreichen die Front erst, wenn der Donbas erobert ist. Die Ukrainer wurden nicht von Anfang an weit genug aufgerüstet, um Territorien zurückzuerobern oder den Krieg nach Russland zu tragen. Sie sollten nur den Schmerz verursachen, der Wladimir Putin nach den von Emmanuell Macron geforderten „gesichtswahrenden“ Erfolgen an den Verhandlungstisch treibt. Wenn die Panzerhaubitzen aus Deutschland endlich ankommen, wird es nur noch darum gehen, die Frontlinie zu halten, die bald eine Demarkationslinie sein könnte.

Das Ergebnis dieser zynisch wirkenden Strategie kann man unterschiedlich bewerten. Könnte ein großer Teil der Ukraine dadurch gerettet werden? Oder verpasst der Westen wieder eine Chance, Russland in die Schranken zu weisen? Ganz sicher würden die Ukraine, Moldau oder Georgien sich nach einer so teuer erkauften Waffenruhe nicht sicherer fühlen. Denn eines ist ihnen jetzt schon klar geworden: Es gibt niemanden, der einen direkten Konflikt mit Russland riskieren würde, um ihre Grenzen zu sichern.