Impfschäden Schwer zu beweisen
Bald beginnen die ersten Prozesse: Der Impfstoffhersteller Biontech soll Schmerzensgeld und Schadenersatz zahlen. Kläger sind Menschen, die nach ihrer Corona-Impfung schwere Nebenwirkungen erlitten.

Wer nach einer Corona-Impfung erkrankte, hatte schnell die Spritze gegen Covid-19 im Verdacht. Lange wurde ein solcher Verdacht aber pauschal abgetan. „Und zusätzlich geht es darum, weshalb eine Minderheit der Gesellschaft eine nebenwirkungsfreie Impfung nicht will, obwohl sie gratis ist und ihr Leben und das vieler anderer retten kann“, hatte SPD-Politiker Karl Lauterbach noch im August 2021 auf „Twitter“ geschrieben, als es bereits zahlreiche Hinweise auf Nebenwirkungen gab. Im Oktober 2021 ergänzte er wieder auf „Twitter“: „Vor 1,5 Jahren hätte niemand eine so wirksame Impfung vorhergesagt. Wichtig ist: Viren haben oft spät noch unerwartete Schäden zur Folge. Niemand weiß z. B., ob Covid-Genesene später ein erhöhtes Demenzrisiko haben, den Verdacht gibt es. Späte Impfnebenwirkungen gibt es aber nicht.“
Inzwischen werden Impfschäden ernst genommen, auch von Karl Lauterbach, der jetzt Bundesgesundheitsminister ist. Und die Impfstoffhersteller werden auf Schadenersatz und Schmerzensgeld verklagt. Zwei Großkanzleien vertreten nach eigenen Angaben eine dreistellige Zahl von Geschädigten vor Gericht. Beklagt werden Hersteller verschiedener in Deutschland eingesetzter Impfstoffe.
Der mutmaßlich erste Zivilprozess war zunächst Ende April in Frankfurt angesetzt. Inzwischen wurde der Prozessbeginn allerdings auf den 7. Juli verschoben. Es geht um Schadenersatz und Schmerzensgeld. Die Klage richtet sich gegen den mRNA-Impfstoff-Hersteller Biontech. Die Klägerin sagt, durch die Impfung einen Herzschaden davongetragen zu haben. Knackpunkt bei einer Klage ist die Kausalität: Ist der Schaden ursächlich auf die Impfung zurückzuführen?
Bei einem Vergleich oder einem Sieg der Kläger muss nach bisheriger Lesart der Steuerzahler einspringen. Die EU hatte die Corona-Impfstoffhersteller bei der Haftung freigestellt und diese an die EU-Mitgliedsländer weitergereicht. Es wäre aber „wertvoll, wenn die Firmen hier eine Beteiligung zeigen würden, denn die Gewinne sind ja exorbitant gewesen“, meinte Karl Lauterbach in einem Interview mit dem ZDF im März dieses Jahres.
Biontech wiegelt mit Juristendeutsch ab
Der Mainzer Impfstoffhersteller Biontech betont mit Blick auf die anstehenden Prozesse, „dass bisher in keinem der von Biontech geprüften Fälle ein kausaler Zusammenhang zwischen den dargestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen und der Impfung mit Comirnaty nachgewiesen werden konnte“.
„Wir nehmen unsere Verantwortung als Impfstoffhersteller sehr ernst“, sagte eine Sprecherin der Nachrichtenagentur dpa. Im Unternehmen werde jeder Fall sorgfältig geprüft, in dem Ansprüche gegenüber Biontech geltend gemacht werden. Voraussetzung sei allerdings, dass die Anwälte genügend Unterlagen vorlegen. „Bei der Bewertung des Falls können wir uns allein auf die medizinischen Fakten stützen, um zu evaluieren, ob ein kausaler Zusammenhang besteht oder nicht. Genau daran fehlt es leider sehr häufig.“
Dass für die Sicherheit von Impfstoffen zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) veröffentlicht regelmäßig „Sicherheitsberichte“ zu den Corona-Vakzinen. Darin sind folgende schwere Impfkomplikationen aufgelistet: die Herzkrankheit Myo-/Perikarditis, die im Gehirn auftretende Sinusvenenthrombose und weitere Blutgerinnsel, eine Gesichtslähmung, eine Muskelschwäche namens Guillain-Barré-Syndrom oder der Hörschaden Tinnitus. Dem jüngsten ausführlichen Sicherheitsbericht zufolge – der Daten bis Ende Juni 2022 enthält – gab es 120 Fälle, bei denen zwischen einem Todesfall und der Corona-Impfung ein „wahrscheinlicher oder möglicher ursächlicher Zusammenhang“ anerkannt wurde.
Das PEI zählt auch die gemeldeten Verdachtsfälle. Danach wurden bis Mitte vergangenen Jahres 323 684 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen gemeldet. Seitens des PEI wird betont, „dass unerwünschte Reaktionen oftmals im zeitlichen, nicht aber unbedingt im ursächlichen Zusammenhang mit einer Impfung“ stünden. Das in einem konkreten Einzelfall nachzuweisen oder zu widerlegen ist die eine Sache. Die andere ist, das Risiko für die Allgemeinheit zu quantifizieren.
Medien berichten inzwischen auch über dramatische Schicksale. Im „Heute Journal“ im ZDF wurde eine jugendliche, ehemalige Leistungssportlerin vorgestellt, die nach der zweiten Dosis der Corona-Impfung um ihr Leben kämpfen musste und jetzt im Rollstuhl sitzt.
Kritiker der mRNA-Impfstoffe behaupten, dass einiges unter den Teppich gekehrt wurde. Sie verweisen auch auf eine Studie der Krankenkasse BKK Provita vom März 2022, nach der hochgerechnet rund 2,5 Millionen Impf-Nebenwirkungen allein in Deutschland vorliegen könnten.
Bei einigen Hundert Betroffenen wurden inzwischen Versorgungsansprüche bewilligt. Dabei geht es nicht um Schmerzensgeld oder Schadenersatz, sondern um Versorgungsleistungen. (uk/dpa)