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EU-Parlament Skandal um Zusatzrenten für EU-Abgeordnete

Bericht: Parlament will 300-Millionen-Defizit in privatem Fonds mit Steuermitteln begleichen

13.05.2023, 21:48
Flaggen wehen vor dem Europa-Gebäude in Brüssel.
Flaggen wehen vor dem Europa-Gebäude in Brüssel. Foto: dpa

Brüssel - dpa/uk

Ein umstrittener Rentenfonds für Europaabgeordnete sorgt für neue Diskussionen. Hintergrund ist die Gefahr, dass dem Fonds die Zahlungsunfähigkeit droht und er mit Steuergeldern aufgestockt werden müsste. Einem Brief des Generalsekretärs des Parlaments, Alessandro Chiocchetti, an das Präsidium zufolge fehlen rund 310 Millionen Euro.

Der Grünen-Abgeordnete Daniel Freund sagte, wer bereits anderweitige öffentliche Pensionsansprüche habe, dürfe kein Geld aus diesem Fonds bekommen. „Es dürfen keine weiteren Steuer-Euros mehr in diese Zusatzrenten für Lords, EU-Kommissare und gut versorgte Politiker fließen.“

Tatsächlich geht dem Fonds das Geld aus. Ende vergangenen Jahres verfügte er noch über Anlagen im Wert von 50 bis 55 Millionen Euro, wie Chiocchetti schreibt. Langfristig würden aber 363 Millionen Euro gebraucht, um die Ansprüche der Abgeordneten abzudecken. Der Fonds könne daher bereits Ende 2024 pleitegehen.

Einem Bericht des „Tagesspiegels“ (Mittwoch) zufolge haben mehr als 900 frühere und amtierende EU-Abgeordnete Anspruch auf die zusätzlichen Zahlungen. Unter ihnen seien unter anderem der designierte Botschafter in Moskau, Alexander Graf Lambsdorff (FDP), Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage oder auch die rechtsnationale französische Politikerin Marine Le Pen. Eine Anfrage der dpa ließen sie zunächst unbeantwortet. Zu den Begünstigten gehört auch der heutige EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, der von 2004 bis 2007 Präsident des EU-Parlaments war.

Die EU-Abgeordnete Inge Gräßle (CDU) bezeichnet das System auf dem Portal „Tagesspiegel online“ als „Lizenz zum Gelddrucken“. Mit Eigenbeiträgen, die aus der Büropauschale bestritten wurden und vom Parlament und damit aus Steuermitteln um das Doppelte aufgestockt wurden, ergab sich schon nach zwei Jahren der Einzahlung ein lebenslanger Anspruch.

Im EU-Parlament werde unterdessen erwogen, das inzwischen aufgelaufene Defizit von bis zu 300 Millionen Euro aus Steuermitteln zu begleichen, so der „Tagespiegel“. Deutschland finanziert gegenwärtig alle europäischen Haushaltsausgaben zu 27 Prozent.

Angaben des Parlaments zufolge haben Abgeordnete ab Vollendung des 63. Lebensjahres Anspruch auf eine Altersrente. Die Altersversorgung entspricht demnach 3,5 Prozent der Dienstbezüge für jedes volle Jahr der Ausübung des Mandats, sie liegt insgesamt jedoch höchstens bei 70 Prozent. Die Kosten dafür werden vom Haushalt des Europäischen Parlaments getragen. Die Dienstbezüge betragen rund 9800 Euro vor Steuern und Abgaben.