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Zana Ramadani: „Feministische Außenpolitik ist ein schlechter Witz“ „Time“: Baerbock ist aufstrebender Star

Für das US-Magazin „Time“ gehört Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zu den 100 aufstrebenden Persönlichkeiten der Welt.

Von dpa / Uwe Kreißig 18.10.2022, 12:08
Die Redaktion des „Time“-Magazins hebt Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in den Himmel. In Deutschland sieht man ihre „feministische Außenpolitik“ aber auch kritisch.
Die Redaktion des „Time“-Magazins hebt Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in den Himmel. In Deutschland sieht man ihre „feministische Außenpolitik“ aber auch kritisch. Foto: dpa

In der Begründung für ihre Auswahl schrieb US-Außenminister Antony Blinken: „Wenn ich darüber nachdenke, was mich in diesen Zeiten optimistisch stimmt, dann ist es, eine Partnerin zu haben, die so nahtlos Prinzipien und Pragmatismus vermischt.“ Die Ministerin habe es trotz globaler Herausforderungen – darunter auch des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine – geschafft, die USA und Deutschland sowie alle transatlantischen Verbündeten näher zusammen zu bringen, so Blinken.

„Sie hat nie den Glauben in die inhärente Stärke unserer Demokratien verloren, basierend auf unserer Freiheit, unserem Respekt für Menschenrechte und unserer einzigartigen Fähigkeit, uns selbst zu verbessern“, schrieb der Minister weiter über Baerbock. „Und sie hat eine Gabe dafür, mehr Partner für diese Vision zu gewinnen und sie praktisch umzusetzen.“

Der „Time“-Beitrag stellt 100 „aufstrebende Stars“ aus allen Gesellschaftsbereichen und Ländern vor, inklusive Musiker, Unternehmer, Aktivisten und Politiker. „Was diese Personen verbindet, sind ihre außergewöhnlichen Bemühungen, unsere Welt zu gestalten – und unsere Zukunft zu bestimmen“, erklärte das Magazin.

„FAZ“: Deutschlands Priorität liegt offenbar wieder im Osten

Im Feuilleton der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) werden Außenministerin Baerbock und ihre Politik dagegen wesentlich kritischer gesehen. „Ihre unüberhörbare Botschaft lautete, dass die Ukraine und ihr Schicksal ... am Ende mehr zählt als alles andere“, schreibt Stefan Weidner, indem er Bezug auf eine Rede Baerbocks zur Verleihung der Goethe-Medaillen in Weimar nimmt: „Pech für Südafrika, Indien und Ägypten, dass sie zwar allesamt furchtbare Probleme haben, aber nicht von Russland angegriffen werden“, setzt der Autor fort.

Weidner weiter in der „FAZ“: „Ja, Annalena Baerbock hat das große Verdienst, alle Welt wissen zu lassen, dass die Prioritäten des Westens und inzwischen sogar Deutschlands fortan wieder im Osten liegen. Und wir dürfen davon ausgehen, dass die Welt es inzwischen kapiert hat.“ Das Problem daran sei, dass all das, was jenseits davon liegenbleibe, vernachlässigt und gering geschätzt werde. „Baerbocks Außenpolitik ist nicht einfach populär. Sie ist auf einseitige Weise populistisch“, meint Weidner: „Will sie von unseren hehren mitteleuropäischen Maßstäben nicht abrücken, wiederholt sie die Fehler der Vergangenheit. Jeder Werteexport von der Stange wird scheitern, wie Afghanistan brutal gezeigt hat.“

Die Feministin Zana Ramadani drückt ihre Skepsis gegenüber den hehren Visionen Baerbocks noch viel deutlicher aus: „Ehrlich gesagt erkenne ich keine feministische Außenpolitik. Und wenn es sie geben sollte, ist sie ein schlechter Witz. Die Ankündigung der deutschen Außenministerin war doch nichts Weiteres als reine Symbolpolitik. Oder wird auch nur eine einzige unterdrückte Frau auf dieser Welt durch hübsche Tweets oder kuschelig progressive Frauen-Workshops in Berlin-Mitte befreit?“, sagte sie gestern in einem Interview mit der Zeitschrift „Cicero“.

Ramadani, die in Deutschland von Islamisten bedroht wird, begründet ihre Position: „Annalena Baerbock hat ihr Außenministerium ausschließlich mit woken Feministen besetzt, die das Weltbild der grünen Friede-Freude-Eierkuchen-Ideologie uneingeschränkt teilen. Feministen, die den Islam auch als Religion der Frauenunterdrückung sehen, wird man dort vergeblich suchen. Die feministische Außenpolitik der Grünen ist daher mehr Schein als Sein.“

Eine gute feministische Außenpolitik müsse komplett befreit sein von eigenen ideologischen Zwängen, meint die Frauenrechtlerin. Im Vordergrund müssten die unterdrückten Frauen stehen und „nicht unsere ideologischen Wohlfühlzonen“. Zana Ramadami weiter: „Da der Islam in vielen Ländern des mittleren Ostens ein politisches Instrument der Frauenunterdrückung ist, sollte das auch keine Sekunde tabuisiert werden dürfen. Die beste Unterstützung beginnt nämlich immer mit dem schonungslosen Erkennen des Problems.“

Zana Ramadami
Zana Ramadami
Foto: Imago