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Umstrittener Soldaten-Einsatz Trump beschwichtigt: Lage in Kalifornien unter Kontrolle

Mit einem drastischen Schritt hatte US-Präsident Trump am Wochenende auf Proteste gegen seine Politik in Los Angeles reagiert: Er schickte die Nationalgarde. Nun dämpft er den aggressiven Ton etwas.

Von Luzia Geier und Julia Naue, dpa Aktualisiert: 09.06.2025, 23:26
„Er ist auf seine Art wahrscheinlich froh, dass ich mich einmische“, sagt Trump über Newsom.
„Er ist auf seine Art wahrscheinlich froh, dass ich mich einmische“, sagt Trump über Newsom. Evan Vucci/AP/dpa

Los Angeles/Washington - Im Streit um den Einsatz der Nationalgarde in Kalifornien signalisiert US-Präsident Donald Trump ein mögliches Einlenken. „Die Menschen in Los Angeles und Kalifornien haben Glück, dass wir das getan haben, was wir getan haben. Wir haben uns gerade noch rechtzeitig eingemischt. Es köchelt immer noch ein bisschen, aber nicht sehr stark“, sagte er bei einem Auftritt im Weißen Haus über die Proteste gegen seine Einwanderungspolitik. Bei diesen Demonstrationen habe es sich nicht um einen Aufstand gehandelt - aber ohne sein Eingreifen, hätte es einer werden können, behauptete der Republikaner. Er wolle keinen „Bürgerkrieg“, betonte er auf Nachfrage. 

In den USA wird befürchtet, dass Trump noch einen Schritt weiter gehen und eine Art Kriegsrecht verhängen könnte, indem er ein als „Insurrection Act“ bekanntes Gesetz anwendet. Damit könnte er das reguläre Militär im Inland einsetzen. Von dieser Idee schien Trump nun vorerst Abstand zu nehmen - ohne dies jedoch so klar zu sagen. Auch den Einsatz der rund 500 bereitstehenden Marineinfanteristen der regulären Streitkräfte schloss er nicht explizit aus - sagte aber, er gehe davon aus, dass man die Lage in Los Angeles gut unter Kontrolle habe. 

Gleichzeitig hielt Trump an seiner Kritik an dem kalifornischen Gouverneur Gavin Newsom fest. Er äußerte er sich zunächst zustimmend zu der Idee, Newsom festnehmen zu lassen - milderte seine Rhetorik aber später etwas ab. Der Demokrat sei „grob inkompetent“, betonte Trump. „Er ist auf seine Art wahrscheinlich froh, dass ich mich einmische.“ Er habe sich zwar immer gut mit ihm verstanden, sagte der Republikaner. Aber Newsom mache einen „schrecklichen Job“. 

Kalifornien reicht Klage ein

Gouverneur Newsom und Generalstaatsanwalt Rob Bonta reichten unterdessen Klage gegen Trump, das Verteidigungsministerium und Minister Pete Hegseth ein. Sie werfen der Bundesregierung vor, rechtswidrig und ohne Zustimmung des Bundesstaats die Kontrolle über die kalifornische Nationalgarde übernommen zu haben. Newsom habe dem Einsatz ausdrücklich widersprochen und Hegseth in einem Brief um die Rücknahme der Truppen gebeten – dieses Gesuch sei ignoriert worden, sagte Bonta.

Im Normalfall haben die Bundesstaaten die Kontrolle über diese militärische Reserveeinheit, die Teil der US-Streitkräfte ist. Jeder Bundesstaat hat seine eigene Garde, die bei Waldbränden, Wirbelstürmen, Überflutungen oder Unruhen im Inneren eingesetzt werden kann. Sie steht dann unter dem Befehl des jeweiligen Gouverneurs. Kommt es zum Krieg oder zu nationalen Notfällen, kann der US-Präsident das Kommando übernehmen.

Der Klage zufolge lag eine solche Ausnahmesituation in Los Angeles jedoch nicht vor. Vielmehr habe die Bundesregierung selbst mit unangekündigten Razzien der Einwanderungsbehörde ICE und der Entsendung von Truppen zur Eskalation beigetragen. Bonta warf Trump vor, aus politischen Beweggründen Chaos zu provozieren. „Das ist ein Machtmissbrauch, den wir nicht auf die leichte Schulter nehmen“, schrieb Kaliforniens oberster Jurist bei X.

Bass widerspricht Darstellung Trumps

Ähnlich hatte sich zuvor auch Bürgermeisterin Bass geäußert. „Ich glaube nicht, dass die Nationalgarde jetzt gebraucht wird“, sagte sie dem Sender CNN. Die Lage in Los Angeles sei derzeit ruhig. Zwar sei sie über das „Ausmaß des Vandalismus in Form von Graffiti“ traurig, doch dies betreffe nur wenige Straßen im Zentrum. Es gebe keine flächendeckenden Unruhen. Straftaten müssten verfolgt werden, es habe auch einige Festnahmen gegeben – ein Militäreinsatz sei dafür jedoch nicht nötig.

Trump hatte seine Entscheidung, die Nationalgarde zu mobilisieren, auf Truth Social als „hervorragend“ bezeichnet. Newsom und Bass warf er vor, die Lage zu verharmlosen und die Bevölkerung über angeblich „friedliche Proteste“ zu täuschen. Ohne das Eingreifen der Truppen, so Trump, wäre Los Angeles „vollständig zerstört“ worden.

Debatte um Festnahme von Newsom und Bass

Auf Nachfrage von Reportern hatte sich der US-Präsident zunächst auch zustimmend zu der Idee geäußert, Newsom festnehmen zu lassen. „Ich würde es tun, wenn ich Tom wäre (...) es wäre eine großartige Sache“, sagte der Republikaner auf Nachfrage von Reportern zu Aussagen von Tom Homan, der die Oberaufsicht über Trumps Abschiebepolitik hat. 

Homan hatte beim Sender NBC eine mögliche Festnahme von Newsom und Bass nicht ausgeschlossen, sollten sie die US-Regierung behindern. Später bezeichnete er die Darstellung des Senders aber als falsch und die Debatte über eine Festnahme Newsoms als „einfach lächerlich“. Es werde nicht aktiv erwogen, Newsom festzunehmen, stellte Homan beim Sender Fox News klar. Er habe allgemein erklärt, dass niemand über dem Gesetz stehe – auch nicht Newsom oder Bass –, sollte es zu strafbarem Verhalten kommen. 

Höchst ungewöhnliche Machtdemonstration

Verstärkte Einsätze der US-Einwanderungsbehörde ICE hatten Ende vergangener Woche im Raum Los Angeles erste Proteste ausgelöst. Nach Angaben der Behörden wurden bei den Razzien Dutzende Menschen festgenommen – darunter nach Angaben des Büros von Newsom offenbar auch Minderjährige. Kritiker werfen der Bundesregierung vor, mit martialisch anmutenden Maßnahmen gezielt Angst zu schüren. Die Proteste richteten sich gegen Trumps harte Einwanderungspolitik und den Einsatz von ICE-Einheiten in zivilen Wohngebieten.

Als Reaktion auf die Demonstrationen ließ Trump am Samstagabend (Ortszeit) mindestens 2.000 Soldaten der Nationalgarde mobilisieren. Etwa 300 Soldaten der Nationalgarde - einige in Kampfmontur und mit automatischen Waffen - bezogen daraufhin Stellung, um Gebäude des Bundes vor Protesten und Vandalismus zu schützen. Der Einsatz der Nationalgarde ohne Zustimmung des Gouverneurs gilt als äußerst ungewöhnlich: Seit 1965 hatte kein US-Präsident mehr eine solche Maßnahme ergriffen.

Nach Einschätzung mehrerer US-Medien bleibt die Lage in Los Angeles trotz zeitweiliger Beruhigung weiterhin angespannt. Auch in anderen US-Städten gab es demnach kleinere Proteste.