Kriminalität Angriff auf jüdische Demo - US-Regierung spricht von Terror
Ein Mann greift in den USA jüdische Demonstranten an. Zeugen zufolge wirft er einen Brandsatz und ruft „Free Palestine“. Regierungsvertreter aus den USA und Israel sprechen von Terror.

Boulder/Washington - Nach einem Angriff auf eine jüdische Demonstration mit acht Verletzten im US-Bundesstaat Colorado ist der Tatverdächtige angeklagt worden. Dem 45-Jährigen werden nach Angaben der Haftanstalt im Boulder County unter anderem Körperverletzung und eine Attacke mit Brandsätzen zu Last gelegt. Er wird außerdem auf Bundesebene beschuldigt, ein Hassverbrechen begangen zu haben, wie das Justizministerium mitteilte. Nach Medienberichten ist er Ägypter; laut Zeugen rief er während des Angriffs einen propalästinensischen Slogan.
Der Mann wurde auch in zwei Fällen wegen Mordes angeklagt. Ob dies im Zusammenhang mit dem Angriff stand, war zunächst unklar, denn über Todesopfer wurde bislang nichts bekannt. Wie die Polizei kurz nach dem Vorfall mitgeteilt hatte, erlitt mindestens eines der Opfer schwere Verletzungen.
Die Bundespolizei FBI ermittelt wegen Terrorverdacht. Es sei klar, dass es sich bei dem Vorfall am Sonntagnachmittag (Ortszeit) in der Fußgängerzone der Stadt Boulder um einen „gezielten Gewaltakt“ handele, teilte ein FBI-Vertreter bei einer Pressekonferenz mit.
Von langer Hand geplant?
Laut Gerichtsdokumenten gab der mutmaßliche Täter Ermittlern gegenüber an, dass er seit mehr als einem Jahr eine Attacke geplant habe, gezielt „zionistische Menschen“ habe töten wollen und dass er einen solchen Angriff wieder begehen würde.
Hochrangige Vertreter der US-Regierung, darunter Präsident Donald Trump, legten sich schnell darauf fest, dass es sich um Terror handele. Trump beklagte, der Täter sei durch die fehlgeleitete Migrationspolitik seines Amtsvorgängers Joe Biden ins Land gekommen. Auf der Plattform Truth Social schrieb er, der Vorfall zeige einmal mehr, warum Menschen, die illegal in den USA und noch dazu radikal seien, aus dem Land geschafft werden müssten.
Angriff an jüdischem Feiertag
Der Tatverdächtige wurde noch am Tatort festgenommen. Nach Angaben von Trumps Vize-Stabschef Stephen Miller hielt er sich ohne gültiges Visum in den USA auf. Ein Touristenvisum habe er illegal überzogen.
Zeugen zufolge benutzte der Mann bei dem Angriff einen behelfsmäßigen Flammenwerfer, warf einen Brandsatz in eine Gruppe von Demonstranten und rief während der Attacke „Free Palestine“. Die Attacke ereignete sich während des jüdischen Feiertags Schawuot, der 50 Tage nach dem Pessachfest begangen wird und als Vorgänger des christlichen Pfingsten gilt.
Die Verletzten, vier Frauen und vier Männer, sind nach Polizeiangaben zwischen 52 und 88 Jahre alt. Die Polizei hatte zunächst von sechs Opfern gesprochen, die Zahl dann später aber erhöht.
Geheimdienstkoordinatorin: Angriff galt jüdischer Gemeinde
Die US-Geheimdienstkoordinatorin Tulsi Gabbard sprach auf der Plattform X von einem „gezielten Terrorangriff auf ein wöchentliches Treffen von Mitgliedern der jüdischen Gemeinde“. Diese hatten sich demnach versammelt, um auf das Schicksal der israelischen Geiseln aufmerksam zu machen, die nach dem Terrorangriff der islamistischen Hamas aus Israel im Oktober 2023 in den Gazastreifen entführt wurden und dort noch immer festgehalten werden.
FBI-Chef Kash Patel nannte den Vorfall auf X einen „gezielten Terrorangriff“. Auch US-Außenminister Marco Rubio und Heimatschutzministerin Kristi Noem ordneten den Vorfall ebenfalls als Terrorangriff ein. „Terror hat keinen Platz in unserem großartigen Land“, schrieb Rubio. Man bete für die Opfer.
Erschütterte Reaktionen aus Israel
Das israelische Forum der Geiselfamilien sprach allen Betroffenen ihr Mitgefühl aus. „Unsere Gedanken sind bei den Verletzten, ihren Angehörigen und der gesamten Gemeinschaft, die von diesem sinnlosen Akt der Gewalt erschüttert wurde.“
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu schrieb auf X: „Meine Frau und ich sowie der gesamte Staat Israel beten für die vollständige Genesung der Verletzten des abscheulichen Terroranschlags in Boulder, Colorado.“
Umstehende schütteten Wasser auf Brandopfer
US-Medien berichteten von verstörenden Szenen am Tatort. „Da lagen Menschen auf dem Boden und ein Haufen anderer eilten mit Eimern und Flaschen und allem, was sie an Wasser tragen konnten, herbei“, sagte ein Ladenbesitzer dem Sender CNN. „Jeder schüttete Wasser auf die verbrannten Menschen“. Der Angreifer habe währenddessen noch auf einer Wiese in der Nähe gestanden. Er habe „ziemlich ruhig“ gewirkt.
Tödliche Schüsse in Washington liegen nicht lange zurück
Erst vor anderthalb Wochen hatte eine tödliche Attacke in der US-Hauptstadt Washington weltweit großes Entsetzen ausgelöst: Zwei Mitarbeiter der israelischen Botschaft wurden dort vor dem Jüdischen Museum erschossen. Der mutmaßliche Schütze begründete die Tat laut einem Dokument der Anklage mit Unterstützung für die Palästinenser während des Krieges zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen.
Seit dem Überfall der Hamas und anderer islamistischer Terroristen auf Israel am 7. Oktober 2023 hat die Zahl antisemitischer Vorfälle in den USA stark zugenommen. Der Angriff, bei dem damals etwa 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden, war Auslöser des Gaza-Krieges zwischen Israel und der Hamas. Seit Kriegsbeginn wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 54.000 Palästinenser im Gazastreifen getötet.