Ukraine-Krieg Warum es immer mehr Ukrainer nach Deutschland zieht
Studie: Einige Aufnahmeländer haben Sozialleistungen gekürzt / Schweiz und Tschechien fördern die Rückreise

Eine aktuelle Erhebung eines ukrainischen Thinktanks zeigt, dass von den rund sechs Millionen ukrainischen Flüchtlingen die meisten inzwischen in Deutschland leben. Danach liegt Polen bei den Aufnahmeländern nur noch auf Platz 2. Das berichten die „Frankfurter Allgemeine Zeitung online“ (FAZ) und das Portal „Stern online“.
Die Veränderungen zeige ein Report der ukrainischen Forschungseinrichtung „Centre for Economic Strategy“ (CES), das in Kiew sitzt. Inzwischen leben 5,6 und 6,7 Millionen Menschen nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Ausland. Davon wohnten im August laut Eurostat 1,1 Millionen in Deutschland (27 Prozent) und rund 978 000 im Nachbarland Polen (24 Prozent).
Nach Angaben von CES würden 74 Prozent der ukrainischen Flüchtlinge in Deutschland Unterstützung vom Staat erhalten. In Polen betrage dieser Anteil 56 Prozent. So hält die Wirtschaftswissenschaftlerin und Studienautorin Dariia Mykhailyshyna fest: „Viele Länder haben Sozialleistungen gekürzt, aber Deutschland ist eine Ausnahme.“
Durch die deutsche Sonderregelung, dass alle Ukrainer ohne Asylverfahren automatisch als Flüchtlinge anerkannt werden, erhalten sie sofort nach der Einreise die vollen Transferleistungen auf der Basis von Bürgergeld, kostenlose Wohnung (soweit sie eine geeignete Wohnung finden, was in den Ballungsräumen immer schwieriger wird) sowie eine kostenfreie Krankenversicherung.
Das hat auch die Konsequenz, dass es den Geflüchteten in Deutschland im Vergleich besser geht als in anderen EU-Ländern. 17 Prozent der Flüchtlinge sagten laut CES, sie hätten genug, um sich alles für ihr Leben leisten zu können. Für 73 Prozent sind ihre Grundbedürfnisse in Deutschland erfüllt. Lediglich auf 9 Prozent trifft das nicht zu. In Polen dagegen sagen fast zwei Drittel, dass sie nicht genug zum Leben hätten.
Irland oder die Schweiz unterstützen die freiwillige Rückkehr
Andere EU-Länder haben laut „FAZ“ ihre Sozialleistungen für ukrainische Flüchtlinge mittlerweile zurückgefahren. Irland oder die Schweiz unterstützen die freiwillige Rückkehr in ihr Heimatland, das nach wie vor Kriegsgebiet ist. Die Tschechische Regierung , wo es anfangs eine starke Unterstützung in der Bevölkerung gab, die aber deutlich abgenommen hat, bezahlt vollständig die Heimreise. Tschechien argumentiert hier über die angespannte Finanzlage des Staates und vieler Bürger angesichts von Inflation sowie hoher Energiekosten.
Die Einschränkung von Sozialleistungen für ukrainische Flüchtlingen in EU-Ländern wie in Nicht-EU-Ländern wie der Schweiz könnte aber auch zur Folge haben, dass die Ukrainer nicht in ihre Heimat zurückkehren, sondern nach Deutschland wechseln. Das ist ein Prozess, der bereits an den Verschiebungen der Zahl ukrainischer Flüchtling in Polen und Deutschland erkennbar erscheint.
Klar ist in diesen Zusammenhang aber auch, dass sich in einer vergleichbaren Situation von Krieg und Drohnenangriffen vermutlich auch Deutsche vorrangig für ein Asylland entscheiden würden, in dem eine großzügige und unbürokratische Unterstützung gewährt wird. (uk)