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Gazprom liefert seit 40 Jahren Gas an Deutschland / Die Feierlaune hält sich in Grenzen Russen ärgern sich über die EU-Energiepolitik

04.06.2013, 01:13

Die Energiegroßmacht Russland blickt nach 40 Jahren sprudelnden Einnahmen aus dem Gasverkauf an Deutschland und die EU turbulenten Zeiten entgegen. Die Gewinne beim Staatskonzern Gazprom sinken drastisch, weil Kunden sich anderswo billiger versorgen.

Richtig sauer sind die Russen aber noch aus anderen Gründen. Kremlchef Wladimir Putin will bei dem bis zum heutigen Dienstag dauernden Gipfel mit der EU-Spitze in Jekaterinburg am Ural seinem Ärger über die Energiepolitik des Westens Luft machen.

Besonders dürfte dies EU-Energiekommissar Günther Oettinger zu spüren bekommen. Die Russen stört Oettingers Einsatz für eine Pipeline durch das Kaspische Meer unter Umgehung Russlands - wo doch das Land am liebsten alle Leitungen nach Westen selbst legen und füllen möchte. Außerdem stößt sich der Kreml an dem von der EU-Kommission eingeleiteten Kartellverfahren gegen Gazprom.

Gazprom-Vize Alexander Medwedew wirft den Eurokraten vor, das Verfahren politisch zu inszenieren, um die Preise zu drücken. Und er beklagt, dass die EU mit "Eiseskälte" russischen Vorhaben wie der Pipeline South Stream durch das Schwarze Meer begegne.

Putin dürfte zudem erneut über das dritte Energiepaket schimpfen. Das verbietet dem Produzenten Gazprom, gleichzeitig auch Gaslieferant sowie Eigentümer von Transportleitungen zu sein. Die Russen streben seit langem den Zugang auch zu Endkunden in der EU an.

Nicht zuletzt sehen die Russen ihre Pläne im internationalen Gaspoker von den USA durchkreuzt. Die Förderung von unterirdischem Schiefergas in den Vereinigten Staaten hat den Konzern kalt erwischt. Eine erste Folge ist, dass Gazprom nun sein Schtokman-Feld in der Arktis vorerst nicht ausbeuten will.

Rund 70 Prozent des russischen Gasexports gehen in die EU mit Deutschland als größtem Einzelabnehmer. Die Russen erwarten auch weiter einen wachsenden Bedarf. Wenn Gazprom-Chef Alexej Miller an diesem Donnerstag in Leipzig mit Vertretern der Verbundnetz Gas AG auch an 40 Jahre Liefertreue für Deutschland erinnert, dürfte er einmal mehr auf die Zukunft von verflüssigtem Erdgas (LNG) eingehen. Die Flotte der LNG-Tanker solle von derzeit drei auf sieben Schiffe erweitert werden, kündigte Miller unlängst an. Geplant sind auch neue Produktionsstandorte für LNG.

Gazprom warnt seine Kunden auch davor, die alten Lieferverträge aufzugeben - und an Spotmärkten einzukaufen. "Die langfristigen Verträge sind das Fundament des Gasgeschäfts", sagt Gazprom-Vize Medwedew. Er befürchtet, dass sich Milliardeninvestitionen in neue Leitungen wie die Ostseepipeline Nord Stream wegen mangelnder Auslastung am Ende erst viel später rechnen könnten als erwartet. Vor allem nach dem deutschen Atomausstieg hatten die Russen auf noch deutlich mehr Absatz von Gas gehofft.

Indessen belastet ein Streit über die Weitergabe persönlicher Daten von Russland-Reisenden das Treffen in Jekaterinburg. Einem Dekret des russischen Transportministeriums zufolge sollen Fluggesellschaften, die russisches Gebiet überfliegen oder dort landen oder starten wollen, den Behörden in Moskau sämtliche Daten übermitteln, die bei der Buchung von Flugtickets anfallen. Das könnten Nummern von Kreditkarten, Sitzplatzpräferenzen, aber auch Adressen und Kontaktdaten am Zielort in Russland sein. Das Dekret soll zum 1. Juli in Kraft treten.

Die EU-Kommission ist verärgert. "Wir bedauern, dass die russischen Behörden die EU-Kommission nicht über ihre Absicht informiert haben, Passagierdaten von Airlines zu verlangen, die Flüge zwischen der EU und Russland anbieten", sagte der Sprecher von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström in Brüssel.

Im Grunde wollen die Russen von der EU ebenso behandelt werden wie die Amerikaner. Ihnen hat das EU-Parlament vor einem Jahr den Zugriff auf persönliche Fluggastdaten gestattet. Europas Airlines geben für alle Flüge in die USA 19 Daten ihrer Passagiere an US-Behörden weiter. So erhalten amerikanische Polizeifahnder Zugriff auf die Daten, um diese etwa im Kampf gegen Terroristen oder zur Verfolgung schwerer Verbrechen auszuwerten. Bereits vor einem Jahr hatte Russland Interesse bekundet, ebenfalls solche Daten zu erhalten. (dpa)