Wechselvolle Geschichte - zwiespältige Gegenwart Schwierige Beziehungen zwischen Serbien und Deutschland
Serbien ist mit 7,5 Millionen Einwohnern das Kernland des westlichen Balkans und des früheren Jugoslawiens. Mit Deutschland verbindet es eine wechselvolle Geschichte. Im Ersten und Zweiten Weltkrieg töteten deutsche und österreichische Soldaten viele Serben.
Seit 1945 stieg Deutschland zu einem der wichtigsten Wirtschaftspartner des Landes auf. Hunderttausende Serben kamen seit den 60er Jahren als Gastarbeiter in die Bundesrepublik Deutschland, wo viele von ihnen bis heute geblieben sind. Nach Angaben der Bundesregierung leben derzeit rund 300000 Serben in Deutschland.
In den Bürgerkriegen beim Zerfall Jugoslawiens (1991-1999) stand Berlin stets auf der Seite der Gegner Serbiens - ob in Kroatien, Bosnien oder im Kosovo. An der Bombardierung Serbiens durch die NATO 1999 beteiligte sich auch die Bundeswehr mit ihrem ersten Aus-landseinsatz.
Trotzdem ist Deutschland für das Land seither mit Abstand der größte Geldgeber Serbiens. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von rund 4000 Euro pro Kopf (2010) liegt die Wirtschaftsleistung noch immer unter dem Vorkriegsniveau. Während Deutschland inzwischen der wichtigste Handelspartner Serbiens ist, bleiben die politischen Beziehungen belastet. Das gilt vor allem seit der Unabhängigkeit der früheren serbischen Provinz Kosovo im Jahr 2008.
Berlin gehörte zu den besonders aktiven Unterstützern der Kosovo-Albaner. Heute drängt Berlin Belgrad zu Zugeständnissen, um eine Annäherung an die EU nicht zu gefährden.
Seit Anfang 2008 ist das Kosovo unabhängig und wird von über 70 Staaten völkerrechtlich anerkannt. Serbien will seine abgefallene frühere Provinz aber zurückbekommen. Über Grenzstreitigkeiten eskalierte im Juli der Kosovo-Konflikt.
Am 25. Juli schickte die Regierung in Pristina Sonderpolizisten an die Grenze zu Serbien, um die Grenzübergänge Brnjak und Jarinje gewaltsam zu übernehmen. Zuvor hatte die serbische Minderheit im Norden des Kosovos die Übergänge kontrolliert. Die Zentralregierung hatte dort keinen Einfluss.
Der Hintergrund: Weil Serbien die Zollstempel seiner früheren Provinz Kosovo nicht anerkennt, war der Warenverkehr nach Serbien blockiert. Am 21. Juli antwortete die von Albanern dominierte Kosovo-Regierung mit einem Importverbot für serbische Waren. Im Norden des Landes kümmerten sich die dort lebenden Serben allerdings nicht um den Importstopp und ließen weiter ungehindert Lieferungen aus Serbien zu.
Am 27. Juli brannten Serben den Grenzübergang Jarinje nieder. Die internationale Schutztruppe KFOR übernahm beide Grenzübergänge und erklärte sie zum militärischen Sperrgebiet: Kommerzielle Waren kommen nicht durch. Privatautos und Lastwagen bis zu 3,5 Tonnen dürfen aber passieren. Diese Regelung gilt zunächst bis Mitte September.
Die Serben im Norden errichteten daraufhin Straßensperren auf allen Transitrouten. Die KFOR zog sich "aus humanitären Gründen" von den Barrikaden zurück und verzichtete auf eine gewaltsame Räumung. Am 5. August schaffte der deutsche KFOR-Kommandeur Erhard Bühler einen Kompromiss zwischen Albanern und Serben.
Am 2. September werden in Brüssel die Verhandlungen wiederaufgenommen - die EU vermittelt. Ungelöst ist die Frage, wer die Grenzübergänge zwischen Serbien und dem Kosovo in Zukunft beherrschen wird. (dpa)