Corona / Wird mit irreführenden Zahlen argumentiert? Weiter Mängel bei Corona-Daten
RKI: Keine Differenzierung bei positiv getesteten Krankenhaus-Patienten

Berlin - dpa / Uwe Kreißig
Im Zuge einer beginnenden Corona-Herbstwelle hat das Robert-Koch-Institut (RKI) auf die schwierige Interpretation bestimmter Daten zur Krankheitsschwere hingewiesen. Bei den schwer verlaufenden Atemwegsinfektionen, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, deute sich zwar ein Anstieg der Fallzahlen an, heißt es im aktuellen Wochenbericht des RKI zu Covid-19.
Die Autoren schränken allerdings ein, dass „hier auch Fälle mit aufgeführt werden, die aufgrund einer anderen Erkrankung ins Krankenhaus kommen oder intensivmedizinisch behandelt werden müssen und bei denen die Sars-CoV-2-Diagnose nicht im Vordergrund der Erkrankung bzw. Behandlung steht“.
Unter anderem führt das RKI einen starken Anstieg der Zahl der Intensivpatienten im Zusammenhang mit Covid-19 an, von rund 860 in der vorvergangenen Woche auf rund 1310 am Mittwoch. Die Problematik ist lange bekannt, dass diese Daten ebenso wie die Hospitalisierungsinzidenz keine Unterscheidung zwischen Patienten erlauben, die wegen Covid-19 oder mit einem Sars-CoV-2-Nachweis behandelt werden. Verbesserungen sind seit Monaten angekündigt.
Nur zwölf Prozent der corona-positiven ITS-Patienten wegen Covid in Behandlung
Eine aktuelle Statistik aus Österreich – wo die Corona-Maßnahmen ähnlich hart wie in Deutschland waren – zeigt allerdings eine eindeutige Tendenz. Laut dem aktuellen Covid-19-Register von Österreich wurden nur rund 22 Prozent der hospitalisierten Corona-Patienten wegen einer Covid-19-Symptomatik aufgenommen, wie die Zeitung „Der Standard“ berichtet: „Noch bemerkenswerter ist die Situation auf den Corona-Intensivstationen: Hier liegt der Anteil jener, die mit Covid-19-Symptomatik aufgenommen wurden, nur bei zwölf Prozent.“
Zudem dominieren drei- und vierfachgeimpfte Patienten die Belegung der Intensivstationen (ITS), wie der RKI-Wochenbericht aufzeigt. Für den Zeitraum vom 5. September bis 2. Oktober 2022 hatten 12,4 % (219 Fälle) aller Covid-19-Neuaufnahmen mit bekanntem Impfstatus keine Impfung, 3,7 % (65 Fälle) hatten eine Impfung, 10,2 % (180 Fälle) hatten zwei Impfungen, 53,9 % (951 Fälle) hatten drei Impfungen und 19,7 % (348 Fälle) hatten vier oder mehr Impfungen.
Mysteriös bleibt, warum nur von 58,4 % der für diesen Zeitraum übermittelten ITS-Fälle der Impfstatus bekannt sein soll, ein Wert, der immer weiter sinkt. Bisher sind keine Erklärungen zum Hintergrund dieser Datenlücke bekannt geworden.
Philosoph kritisiert Ethikrat in Corona-Pandemie
Der Münchner Philosoph und Wirtschaftsinformatiker Christoph Lütge geht in einem Interview mit der „Neuen Zürcher Zeitung“ mit den moralischen Beratungsgremien von Bund und Ländern hart ins Gericht. Die Ethikräte hätten sich völlig verrannt. „Kein Mensch braucht einen Ethikrat, der nur die Regierungslinie rechtfertigt“, so Lütge. Er benennt auch die Ursache für die Handlungstendenzen: „Es gibt in Deutschland das Phänomen, dass selbst in hochkarätig besetzten Gremien die Meinung vorherrscht, man müsse einen Konsens finden. Das ist natürlich falsch; gerade ein Ethikrat muss sich überhaupt nicht einig sein.“
Lütge galt als kritische Stimme im Ethikrat Bayerns, bis ihn das Kabinett unter Ministerpräsident Markus Söder (CSU) abberief. Begründung: Er provoziere mit seiner „Einzelmeinung“ den Beifall von Kritikern der Corona-Maßnahmen. „Nach der Logik kann ich im Grunde genommen nur noch die Regierungslinie vertreten. Mit Demokratie hat das nichts zu tun“, so Lütge.