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WIrtschaftskrimi Ein Koffer voller Falschgeld

Lange galt Unister als Shooting-Star der Internetszene. Der Tod des Firmengründers bringt den Konzern in Turbulenzen.

20.07.2016, 23:01

Leipzig (dpa/vs) l Vor seinem tödlichen Flugzeugabsturz im Westen Sloweniens ist Unister-Chef Thomas Wagner in Venedig bei einem Geldgeschäft offensichtlich betrogen worden.

Wagner sei für ein Kreditgeschäft nach Venedig geflogen, berichtet das MDR-Nachrichtenmagazin „Exakt“ unter Berufung auf Insider. „Bild“ berichtet über ein Treffen mit einem „venezianischen Geschäftsmann“, der sein Geld „mit Juwelenhandel und Kreditgeschäften verdient“.

Um das Geschäft zustande zu bringen, sollte der Chef des Leipziger Internetkonzerns eine Sicherheit hinterlegen. Beim Umtausch des mitgebrachten Geldes in Schweizer Franken sei Wagner mutmaßlich Falschgeld untergeschoben worden.

Tatsächlich heißt es seit Tagen, Wagner habe einen Koffer mit angeblich mehr als einer Million Euro mit sich geführt. Diese könnten als Sicherheitsleistung für einen Kredit in Höhe von zehn Millionen Euro seitens des venezianischen Geschäftsmannes gedacht gewesen sein. Allerdings hätten sich in dessen Geldkoffer unter einer oberen Lage mit Echtgeld riesige Mengen Blüten befunden, vermutet der „Spiegel“. Belege dafür gibt es nicht. Allerdings habe Wagner Anzeige bei der örtlichen Polizei erstattet, was die Behörden in Venedig am Mittwoch bestätigten.

Beim Rückflug nach Leipzig am vergangenen Donnerstag stürzte das Kleinflugzeug ab, wobei Wagner, sein Mitgesellschafter Oliver Schilling, der Pilot und Finanzvermittler B. aus dem Sauerland ums Leben kamen. Ihre Leichen sind nach Angaben der slowenischen Polizei bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Derzeit ist das forensische Institut Ljubljana mit DNA-Vergleichen beschäftigt. Es gäbe bisher keine Anhaltspunkte auf eine Manipulation an der Maschine, so Marino Pangos, Präsident und Sprecher der Kriminalpolizei in Nova Gorica. Gegenüber „Exakt“ sagte er: „Wir haben italienische Dokumente gefunden, die besagen, dass Wagner Opfer eines Betrugs geworden ist, bei dem es um extrem hohe Summen ging.“ Allerdings: An der Unglücksstelle seien neben den Papieren 10 000 Schweizer Franken (rund 9200 Euro) gefunden worden. Könnte dies das echte Geld sein, dass im Koffer des venezianischen Geschäftsmanns ganz oben gelegen hatte?

Zu Unister gehören mehr als 40 Internetportale. Das Unternehmen betreibt Reiseportale wie ab-in-den-urlaub.de und fluege.de. Es beschäftigt nach eigenen Angaben mehr als 1000 Mitarbeiter.

Am Montag, nicht einmal 96 Stunden nachdem Wagner und seine drei Mitreisenden in den Tod stürzten, meldete die Unister Holding GmbH vorläufige Insolvenz an. Kenner des Unternehmens bezeichnen den Schritt als „überfällig“, die Schuldenlast sei in den vergangenen Monaten immer erdrückender geworden, so der „Spiegel“. Wohl deshalb hatte sich Wagner auf den Weg nach Venedig gemacht.

Am Dienstag geriet auch das erste Tochterunternehmen, die Urlaubstours GmbH, in Schieflage. Der vorläufige Unister-Insolvenzverwalter Lucas Flöther sieht sich bei der Sanierung des Internetunternehmens unter Zeitdruck. Im Online-Geschäft sei der Zeitfaktor entscheidend, sagte er der „Wirtschaftswoche“. „Unister braucht rasch einen Investor, aber wir werden auch keinen Notverkauf durchführen.“ Flöther nannte als einfachste und effektivste Lösung, Unister als Ganzes zu verkaufen sowie einen Investor zu finden, der auch die Holdingstrukturen übernehme. „Aber letztlich sind auch andere Lösungen denkbar.“

Unister-Gesellschafter Daniel Kirchhof sagte, er habe am Wochenende zahlreiche Gespräche mit möglichen Investoren und den Gesellschaftern geführt, um einen Insolvenz-antrag zu vermeiden. Diese Gespräche seien gescheitert. Er kündigte an, Anzeige gegen unbekannt zu erstatten, „unter anderem wegen Untreueverdachts.“