Mittelstand „Ich bin erstmal in Panik verfallen“
Magdeburger Cateringfirma Alexmenü muss Personal entlassen
Magdeburg l Den lange geplanten Jubiläumstag hat sich Unternehmenschefin Alexandra Krotki anders vorgestellt. „Eigentlich wollten wir gestern mit dem Wirtschaftsminister und 360 Gästen im Alten Theater in Magdeburg das 30-Jährige von unserem Familienunternehmen Alexmenü feiern. Aber jetzt müssen wir ein paar Leute entlassen und für den Rest der Belegschaft Kurzarbeitergeld beantragen“, sagt sie traurig. Die Firma steht wegen des Coronavirus am Rand des finanziellen Abgrundes. Insgesamt 160 Mitarbeiter versorgen sonst rund 140 Schulen und Kitas mit 10 000 warmen Essen. Und das jeden Tag, in einem Radius von 40 Kilometern rund um die Landeshauptstadt. Aber inzwischen sind alle Schulen und Kitas geschlossen, nur wenige Essen werden für die Anwesenden in der Notversorgung bestellt und ausgefahren. Ein Zuschussgeschäft. „Ich bin erstmal in Panik verfallen“, gesteht die Chefin.
Jetzt kämpft die Unternehmerin gemeinsam mit ihrer Personalerin Anja Reinhold mit der Bürokratie. Denn das Kurzarbeitergeld zu beantragen, sei gar nicht so einfach. „Wir gehören zu einer systemrelevanten Branche. Und die Regierung sagt doch, sie hilft uns!“, sagt die 64-jährige Chefin. Sie ist ratlos, denn viele ihrer Fragen bleiben unbeantwortet. Die Bundesagentur für Arbeit sei kaum erreichbar, die IHK widerspricht den Informationen der Bundesagentur. „Es heißt, das Kurzarbeitergeld kann rückwirkend zum 1. März beantragt werden. Aber unsere Mitarbeiter haben doch bis zum 12. März voll gearbeitet. Und in vielen Arbeitsverträgen steht eine einwöchige Ankündigungsklausel. Die soll jetzt nicht mehr gelten. Oder doch?“, fragt die Personalerin. Um endlich Antworten zu bekommen, rief sie in ihrer Verzweiflung sogar beim Bundeswirtschaftsministerium in Berlin an. „ Immer wieder, den ganzen Tag. Ich habe in der Warteschleife jedesmal eine halbe Stunde klassische Musik gehört und bin dann aus der Leitung geflogen“, erzählt Anja Reinhold.
Christian Schmidt, Sprecher der Bundesagentur für Arbeit in Magdeburg, wirbt um Verständnis: „Das ist auch für uns eine Krise. Wir haben ein massives Telefonataufkommen. Die Mitarbeiter auf der operativen Ebene haben alle Informationen.“ Er rät der Unternehmerin, die Arbeitgeber-Hotline anzurufen. „Das habe ich doch gemacht“, sagt Alexandra Krotki und klingt verärgert.
Politik und Verwaltung müssen sich angesichts der Krise organisieren. Und bei der Firma Alexmenü sind gerade die Mitarbeiter im Niedriglohnbereich ungeduldig. „Sie verdienen ohnehin wenig. Wenn sie Kurzarbeitergeld bekommen, dann ist das nur ein Teil vom sonstigen Lohn“, erläutert Personalerin Reinhold. Es gibt viele Fragen und zu wenig konkrete, verlässliche Antworten.
„Das Kurzarbeitergeld ist am letzten Freitag in einer Blitzaktion beschlossen worden. Ich bitte darum, uns noch ein bisschen Zeit zu lassen. Die Bundesagentur für Arbeit hat uns verraten, dass das äußerst unbürokratisch ablaufen soll. Alle haben das Problem erkannt“, berichtet Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD) im MDR-Hörfunk. In Berlin kündigt Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) an, Politik und Sozialpartner wollten Lohnlücken beim Kurzarbeitergeld gemeinsam abfedern. Bei Alexmenü arbeiten Köche, Fahrer, Techniker, Hilfsarbeiter und kaufmännische Angestellte. Die Stimmung ist verhalten, sagt die Chefin. Und hofft weiter auf Antworten.