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Klassifizierung Schummelei mit Hotelsternen

Der Dehoga will stärker gegen Sterne-Betrüger vorgehen. Viele Hoteliers verzichten auf die Klassifizierung - auch in Sachsen-Anhalt.

Von Jörn Wegner 12.10.2016, 01:01

Magdeburg l Noch immer gelten die vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) vergebenen Sterne als verlässliche Hotelklassifizierung. Von den knapp 21 000 Hotels in Deutschland sind 8500 klassifiziert.

Sorgen bereiten dem Dehoga zunehmend die restlichen Häuser. Einige der nicht klassifizierten Hotels vergeben die Sterne einfach an sich selbst. Nachdem das ZDF im Sommer in einer Recherche diesen Missbrauch aufgedeckt hat, will der Dehoga nun durchgreifen. Laut einer Untersuchung des Dehoga-Bundesverbands haben sich 8 von 3000 untersuchten Hotels zu Unrecht selbst Sterne vergeben. Die ZDF-Stichprobe ergab, dass jedes vierte Hotel betrügt.

Doch vor allem die Mehrheit der nicht klassifizierten Häuser dürfte den Dehoga beschäftigen. Die verzichtet freiwillig auf die Sterne.

Guido Fischer betreibt ein solches sternloses Hotel in Wernigerode. Sein „Parkhotel Fischer“ hat ein Schwimmbad, moderne Zimmer und eine günstige Innenstadtlage. „Die Leute interessiert das nicht“, sagt Fischer über die Dehoga-Klassifizierung. Viele Hotels würden sich die Sterne einfach kaufen, denn die Bewertung kostet Geld, in Sachsen-Anhalt bis zu 800 Euro. Auch sei es nicht schwer, die angemeldeten Dehoga-Prüfer hinters Licht zu führen und ein Zimmer mit zusätzlicher Ausstattung zu versehen. „Das Haus entscheidet, nicht die Sterne“, sagt Fischer. Zudem wolle er nicht bestimmte Kundengruppen ausschließen, diese Gefahr bringe die Sterne-Klassifizierung mit sich. Fischer setzt auf seine Ausstattung, das Schwimmbad und Mundpropaganda. Außerdem sei das Frühstück wichtig, sagt er. Und er kenne kaum noch Kollegen, die sich klassifizieren lassen. Gerade die kleineren Betriebe würden mehr und mehr auf die Sterne verzichten.

Tatsächlich sind nur 13 der etwa 100 Betriebe in Sachsen-Anhalts touristischem Schwergewicht Wernigerode klassifiziert. Dehoga-Sterne tragen dort nur Hotels mit drei oder mehr Sternen.

Nur wenige Kilometer von Fischers Hotel sieht es ganz anders aus. Das Landhaus zu den Rothen Forellen in Ilsenburg ist das einzige Fünf-Sterne-Hotel in Sachsen-Anhalt und gehört mit dem Zusatz „Superior“ zu den Spitzenhäusern Deutschlands.

Valentin Fillafer leitet das Hotel. „Fünf Sterne Superior sind Segen und Fluch zugleich“, sagt er. „Da hängt die Latte für ein Landhotel schon sehr hoch.“ Seine Gäste würden von vornherein den Standard eines Luxushotels mit vielen zusätzlichen Angeboten erwarten. Da wäre zum Beispiel ein Pianist, der regelmäßig in der Lobby spielt. Für die Klassifizierung wäre der gar nicht nötig, sagt Fillafer, aber die Gäste würden solche Extras erwarten. Auf die Klassifizierung verzichten könne das Hotel nicht. Die Gäste würden durchaus nach hochbewerteten Hotels suchen, so der gebürtige Salzburger. „Und ich möchte auch nicht der erste Direktor sein, der die Fünf Sterne Superior wieder verliert.“

Der Dehoga testet nach festen Kriterien. Für drei Sterne muss ein Telefon auf dem Zimmer sein, für vier braucht es einen Bademantel und für fünf einen Wagenmeister. Geprüft wird durch die 16 Landesverbände des Dehoga.

Sachsen-Anhalts Dehoga-Chef Michael Schmidt sieht den Verband und das Klassifizierungssystem in einem guten Zustand. Etwa 500 Hoteliers seien im Dehoga organisiert. 231 Hotels sind klassifiziert, davon mit 157 hat die übergroße Mehrheit mit drei Sternen. Missbrauch der Sterne habe es bislang nur einmal gegeben, und das unabsichtlich, so Schmidt. Ein Drei-Sterne-Superior-Hotel habe bereits mit vier Sternen geworben, bevor ihm diese bewilligt wurden.

Informationen zu den Dehoga-Sternen finden sich hier.