Bundeswehr Sturmgewehr aus Ostdeutschland
Die Bundeswehr will nach dem Wirbel um die Treffgenauigkeit des Sturmgewehrs G36 eine neue Standardwaffe.
Berlin (dpa/uk) l „Standardgewehr“ oder gar „Braut des Soldaten“: Nach einem jahrelangen Auswahlverfahren steht die künftige Bewaffnung der deutschen Soldaten praktisch fest. Die Thüringer Waffenschmiede C.G. Haenel – Neugründung einer Suhler Traditionsfabrik und als kleinerer Außenseiter in das Rennen gestartet – soll das neue Sturmgewehr liefern. Nach dem dazu im Jahr 2017 begonnenen Bieterverfahren informierten die Spitzen des Verteidigungsministeriums Fachpolitiker aus den Reihen der Großen Koalition. Die Auswertung sei aber noch nicht rechtswirksam. „Unterlegenen Bietern steht immer der Rechtsweg offen“, hieß es weiter.
Im Ergebnis des Bieterverfahrens kommt der langjährige Lieferant Heckler & Koch (Oberndorf am Neckar) bei der Bestellung von 120 000 neuen Waffen im Umfang von wohl knapp 250 Millionen Euro nicht zum Zuge. Haenel liefert der Bundeswehr bereits ein Scharfschützengewehr. Das Unternehmen gehört zur Merkel-Gruppe, die Teil der staatlichen Tawazun Holding der Vereinigten Arabischen Emirate ist. Dass das Unternehmen von arabischem Geld abhängig sein könnte, hat offenkundig nicht gestört. Im Jahr 2008 hatte C.G. Haenel den Betrieb als Neugründung wieder aufgenommen. Der einstige Gründer und Namensgeber Carl Gottlieb Haenel hatte von 1840 an die industrielle Waffenfertigung in Suhl etabliert.
Das Thüringer Unternehmen habe in dem 2017 eingeleiteten Bieterverfahren eine Waffe vorgelegt, die sich in umfangreichen Tests als etwas besser auf die Anforderungen des Militärs zugeschnitten und auch als wirtschaftlich vorteilhaft erwiesen hat.
Um das von Heckler & Koch gelieferte G36 hatte sich von 2012 eine Affäre entwickelt, die mit Hinweisen auf Probleme mit der Treffgenauigkeit begonnen hatte. Späteren amtlichen Untersuchungen zufolge traten diese nach langen Schussfolgen oder auch unter Hitzeeinwirkung auf. Von den Soldaten ist die Waffe bis heute geschätzt. Ein dritter Bieter – Sig Sauer aus Eckernförde – hatte sich noch aus der laufenden Ausschreibung zurückgezogen.
Der unterlegene Waffenhersteller Heckler & Koch erwägt nach der Beschaffungsentscheidung rechtliche Schritte. „Vorbehaltlich einer ausgiebigen juristischen Überprüfung bedauern wir diese Entscheidung“, erklärte der Vorstandsvorsitzende Jens Bodo Koch am Dienstag in Oberndorf im Schwarzwald. H&K sei weiterhin von der Qualität der Waffen überzeugt.
Die Produktions- und Entwicklungsstandorte der deutschen Rüstungsindustrie liegen zum größten Teil im Westen. Finanzexperten verwiesen in der Vergangenheit darauf, dass die kontinuierlichen Bestellungen der Bundeswehr auch milliardenschwere, jährliche Subventionen für die betreffenden Bundesländer darstellen.
Sturmgewehre aus der DDR
Das legendäre, sowjetrussische Sturmgewehr Kalaschnikow AK-47 wurde seit Ende der fünfziger Jahre in der DDR in Lizenz hergestellt. Produktionsorte waren der VEB Geräte- und Werkzeugbau im erzgebirgischen Wiesa sowie als Zulieferer der VEB Ernst-Thälmann-Werk Suhl.
Um Devisen zu erzielen, wurde ab 1985 die Kalaschnikow-Weiterentwicklung „Wieger" im Auftrag von Alexander Schalck-Golodkowski, der als DDR-Experte für dubiose Exporte galt, in Wiesa entwickelt. Die Waffe war für NATO-Munition konzipiert und zeigte hervorragende Eigenschaften. Große Exportaufträge nach Indien und Peru waren angebahnt, ausgeliefert wurden wohl noch 10 000 Stück. Durch die Wende kamen weitere Exportpläne zum Erliegen.