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Abstimmung Bundestag beschließt Ehe für alle

Eine Mehrheit von 393 Abgeordneten des Bundestags stimmte für die Ehe für alle ab. Kanzlerin Merkel votierte mit "Nein".

30.06.2017, 08:19

Berlin (dpa) l Mit einer historischen Entscheidung hat der Bundestag am Freitag Ja zur Ehe für alle gesagt. Bei 623 abgegebenen Stimmen sprach sich eine Mehrheit von 393 Abgeordneten für eine völlige rechtliche Gleichstellung homosexueller Paare aus. 226 Parlamentarier stimmten mit Nein, vier enthielten sich. Damit stimmten auch mindestens 73 Unionsabgeordnete - fast jeder Vierte - für den Gesetzentwurf aus dem rot-grün dominierten Bundesrat zur Öffnung der Ehe. Die Fraktionsdisziplin war aufgehoben worden.

Bislang dürfen Homosexuelle eine Lebenspartnerschaft amtlich eintragen lassen, aber nicht heiraten. Der wichtigste Unterschied ist, dass Lebenspartner gemeinsam keine Kinder adoptieren dürfen.

Obwohl Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Debatte angestoßen hatte, stimmte sie gegen die Ehe für alle ab, wie sie nach der Abstimmung im Bundestag sagte. "Für mich ist die Ehe im Grundgesetz die Ehe von Mann und Frau", sagte Merkel nach der Abstimmung am Freitag im Reichstagsgebäude. Der grundgesetzliche Schutz nach Artikel 6 beinhalte für sie die Ehe für Mann und Frau. Eine Lockerung beim Adoptionsrecht befürworte sie aber.

"Es war eine lange, intensive, für viele auch emotional sehr berührende Diskussion - das gilt auch für mich ganz persönlich", sagte Merkel. "Deshalb hoffe ich, dass mit der Abstimmung heute nicht nur der gegenseitige Respekt zwischen den unterschiedlichen Positionen da ist, sondern dass damit auch ein Stück gesellschaftlicher Friede und Zusammenhalt geschaffen werden konnte."

Vor der Debatte hatte eine Mehrheit der Abgeordneten gegen den erklärten Willen der Unionsfraktion dafür votiert, die Tagesordnung entsprechend zu erweitern. Sonst hätten Debatte und Abstimmung nicht stattfinden können.Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) forderte anschließend von den Abgeordneten "wechselseitigen Respekt, den beide Positionen zweifellos verdienen".

In der emotionalen, gut halbstündigen Debatte griff der SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs die Kanzlerin scharf an. "Sie haben sich hier verstolpert. Das war Ihr Schabowski-Moment", sagte er in Anspielung auf die überraschende oder versehentliche DDR-Grenzöffnung durch Günter Schabowski 1989.

Unions-Abgeordnete prüfen derweil eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Ehe für alle sei grundgesetzwidrig und bedürfe einer Verfassungsänderung, sagte der Justiziar der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl. "Das Bundesverfassungsgericht knüpft die Ehe an zwei Bedingungen", sagte der CSU-Politiker: "Sie ist eine dauerhafte Verantwortungsgemeinschaft. Und sie ist darauf ausgerichtet, Kinder hervorzubringen. Das geht nur mit Mann und Frau."

Justizminister Heiko Maas hält eine Grundgesetzänderung hingegen für unnötig. "Wir sehen einen Wandel des traditionellen Eheverständnisses, der angesichts der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers die Einführung der Ehe für alle verfassungsrechtlich zulässt", sagte der SPD-Politiker. "Die Zeit ist längst mehr als reif für diesen Fortschritt."

Wie die einzelnen Bundestagsabgeordneten entschieden haben, hat der Bundestag als Pdf-Datei auf seiner Homepage veröffentlicht.