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EU gegen NeuregelungDebatte um Kindergeld für Ausländer

Im EU-Parlament sprechen sich die Abgeordneten dagegen aus, Kindergeldzahlungen ins Ausland an die dortigen Lebenshaltungskosten zu koppeln.

Von Michael Bock 20.11.2018, 16:20

Magdeburg/Brüssel l EU-Ausländer, die hier arbeiten, haben Anspruch auf Kindergeld. Auch wenn der Nachwuchs in der Heimat wohnt. Das Geld wird dann ins Ausland überwiesen. Angesichts gestiegener Überweisungen von Kindergeld ins Ausland hält die Debatte an, dass die Lebenshaltungskosten in den Heimatländern künftig Basis für die Zahlungen sein sollen. Doch im EU-Parlament, welches dazu Gesetze ändern müsste, ist am Dienstag zunächst der Vorstoß gescheitert, Kindergeldsätze für im Ausland lebende Kinder den dortigen Lebenshaltungskosten anzupassen.

Sachsen-Anhalts EU-Europaabgeordneter und Verhandlungsführer für die EVP-Fraktion, Sven Schulze (CDU), dringt seit langem auf eine Neuregelung. Er sagte am Dienstag: „Das ist ein herber Rückschlag für mehr Gerechtigkeit in der Europäischen Union. Im Gegensatz zu anderen Sozialleistungen wie der Rente ist das Kindergeld in den meisten EU-Ländern ein Pauschalbetrag, der nicht an zuvor erbrachte Beitragszahlungen in ein System gekoppelt ist“, so Schulze. „Das Geld ist als Ausgleich für finanzielle Aufwendungen gedacht, die durch ein Kind dort entstehen, wo es lebt. Die Lebenshaltungskosten sind jedoch höchst unterschiedlich in Europa. Wo ist das noch gerecht?“

An Brisanz hat das Thema bei einem Blick auf die Kosten gewonnen. Die Zahlungen von Kindergeld aus Deutschland auf ausländische Konten haben sich von 2010 bis 2017 fast verzehnfacht. Im vergangenen Jahr hat die Bundesagentur für Arbeit rund 343 Millionen Euro Kindergeld auf Konten im Ausland überwiesen worden. Im Jahr 2010 waren es rund 35,9 Millionen Euro gewesen. Seit 2010 wanderten insgesamt 1,48 Milliarden Euro als Kindergeldzahlungen auf ausländische Konten. Die wichtigsten Empfängerländer waren Polen, Kroatien, Rumänien und Tschechien. Dies entspricht geltendem europäischen Recht.

Im Juni dieses Jahres wurde hierzulande Kindergeld für 268.336 Kinder gezahlt, die im EU-Ausland leben. Das ist eine Zunahme um 10,4 Prozent seit Ende 2017. Im Inland bekommen gut 2,7 Millionen Kinder aus anderen Ländern Kindergeld.

Mehrere Oberbürgermeister haben in der Vergangenheit von einer wachsenden Migration in das deutsche Sozialsystem gesprochen, die auch von Schleusern und Schlepperbanden befördert werde. Der Duisburger Oberbürgermeister Sören Link (SPD) verlangt eine Änderung der Sozialgesetze in Deutschland.

Auch die EU-Kommission hat sich indes gegen eine Neuregelung von Kindergeldzahlungen ins europäische Ausland ausgesprochen. Begründung dort: Eine Anpassung dieser Zahlungen an die Lebenshaltungskosten am Wohnort des Kindes sei wegen des Diskriminierungsverbots nirgendwo im EU-Recht vorgesehen. Stattdessen sollten die Instrumente zum Kampf gegen einen Missbrauch gestärkt werden.

Die deutsche Bundesregierung habe bereits in der vergangenen Legislaturperiode eine Neuregelung der Kindergeld-Zahlungen ins europäische Ausland geplant, sagte Schulze. Infolge eines Rekords an ausländischen Kindergeldempfängern und etlichen Hinweisen auf Betrugsfälle sei im vergangenen Sommer der Ruf nach einer europäischen Lösung laut geworden - auch seitens der SPD. So habe sich auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz mehrfach für eine Neuregelung auf EU-Ebene stark gemacht. „Dass die Sozialdemokraten im EU-Parlament nun gegen die Indexierung und damit auch gegen ihre eigene Parteilinie gestimmt haben, das ist für mich absolut unverständlich“, sagte Sven Schulze.