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Euopapolitik Hoffmann: "Europa in keiner guten Verfassung"

Deutschlands oberster Gewerkschafter Reiner Hoffmann hat sich zu Deutschlands anstehende EU-Ratspräsidentschaft geäußert.

05.01.2020, 23:01

Berlin (dpa) l DGB-Chef Reiner Hoffmann hat die Bundesregierung vor Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft zu einem ambitionierten Kurs aufgefordert. „Deutschland muss jetzt in Vorlage treten, damit die deutsche EU-Ratspräsidentschaft auch ein Erfolg für Europa wird“, sagte Hoffmann der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Deutschland tritt die Präsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 an. Nach Angaben von Forschungsministerin Anja Karliczek hat sie auch das Ziel, die osteuropäischen Staaten stärker einzubinden.

Man wolle mit Bildung, Forschung und Innovation sichtbare Schwerpunkte setzen, Impulsgeber sein und dabei alle anderen EU-Mitgliedsstaaten mitnehmen, sagte die CDU-Politikerin der dpa. Das gelte insbesondere für die jüngeren Mitgliedsstaaten in Osteuropa. „Das ist ein Beitrag dazu, dass die Europäische Gemeinschaft zusammenbleibt“, betonte Karliczek. In der Migrationspolitik hatten sich tiefe Risse zwischen Deutschland und einigen osteuropäischen Staaten aufgetan.

„Europa ist in keiner guten Verfassung“, mahnte DGB-Chef Hoffmann. „Wir müssen die Herausforderungen durch Digitalisierung, Globalisierung und demografische Entwicklung selbstbewusst anpacken und dürfen die Diskussion nicht den Ewiggestrigen mit ihren nationalen, rechtsradikalen Positionen überlassen.“

Vor dem Hintergrund plädierte Hoffmann für eine Fortsetzung der Koalition. „Eine instabile Koalition ist vor oder während einer Ratspräsidentschaft immer schädlich“, sagte er. Im Koalitionsvertrag seien weitreichende Punkte zu Europa verabredet. Hier müsse nichts nachverhandelt werden. „Aber es muss endlich gehandelt werden.“ Hoffman sagte: „Europa will beim Klimaschutz führend und als erster Kontinent bis 2050 klimaneutral sein. Das ist sehr ambitioniert, aber Ziele zu formulieren reicht nicht.“ Es müssten auch die notwendigen Instrumente scharf gestellt werden. „Doch mit dem EU-Budget, das aktuell verabredet ist, ist das nicht realisierbar“, sagte er.

„Deshalb ist es richtig, dass die Koalition in ihrem Vertrag anerkannt hat, dass Deutschland mehr Verantwortung übernehmen muss – auch finanziell.“ Oft gebe es einen falschen Zungenschlag, wenn beklagt werde, Deutschland sei der größte Nettozahler Europas. „Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern deutlich machen, welchen enormen Gewinn wir von der Europäischen Union in den letzten 70 Jahren hatten.“

Hoffmann betonte: „Spätestens im März muss es eine abschließende Verständigung zwischen der deutschen Regierung, der EU-Kommission und der folgenden Ratspräsidentschaft über das Arbeitsprogramm im Detail geben.“ Union und SPD sollten die drängenden Themen nun beherzt anpacken.

Insgesamt müssten die Koalitionspartner sich nun darüber verständigen, was sie sich noch zutrauen in der verbleibenden Halbzeit. „Ich verstehe nicht, warum es nun so eine Aufgeregtheit darüber gibt, ob die Koalition hält“, sagte Hoffmann. „Im Koalitionsvertrag ist festgelegt, dass über neue Vorhaben gesprochen wird. Es ist gut, wenn die Koalitionspartner nun darangehen, sich zu verständigen.“