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Job Kurzarbeit künftig über 24 Monate

Wie sehen die Maßnahmen für Industriebranchen mit schweren Strukturproblemen aus?

30.01.2020, 23:01

Berlin (dpa) l Beschäftigte in Krisenbranchen können leichter verlängertes Kurzarbeitergeld erhalten. Darauf verständigten sich die Spitzen der Großen Koalition von CDU, CSU und SPD in der Nacht zu Donnerstag in Berlin. Der Koalitionsausschuss will mit den Änderungen beim Kurzarbeitergeld auf abflauende Konjunktur und tiefgreifende Umwälzungen in der Arbeitswelt reagieren. Hier haben sie besonders die angeschlagene Autoindustrie einschließlich Zulieferern im Blick.

Längeres Kurzarbeitergeld soll grundsätzlich mit Weiterqualifizierung verknüpft werden. So sollen Voraussetzungen geschaffen werden, dass von Jobverlust bedrohte Beschäftigte in andere Branchen und Betriebe wechseln können. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erläuterte, die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes von 12 auf 24 Monate sei heute nur bei einer Störung auf dem gesamten Arbeitsmarkt möglich. „Die haben wir nicht“, sagte er. „Es gibt keine Rezession“. Aber Teilstörungen des Arbeitsmarkts entwickelten sich bereits. Der Strukturwandel hinterlasse regional schon sehr deutliche Spuren.

Der Einsatz von Kurzarbeitergeld in Industriebranchen mit schweren Strukturproblemen soll einfacher werden. Unter anderem soll die Bundesregierung es dann auf 24 Monate verlängern können. Allerdings soll während der Kurzarbeit eine berufliche Weiterbildung erfolgen. Unter dieser Bedingung können auch Sozialversicherungsbeiträge hälftig übernommen werden. Mit der Leistung ersetzt der Staat 60 Prozent des entgangenen Lohnes bei Kurzarbeit.

Berufliche Weiterbildungen sollen stärker gefördert werden. Wenn Beschäftigte ihren Job verlieren, in einer Transfergesellschaft aufgefangen werden und dort Kurzarbeitergeld bekommen, sollen Weiterbildungskosten in kleinen Unternehmen bis 250 Beschäftigte künftig zu 75 Prozent durch die Bundesagentur für Arbeit übernommen werden. Weiterbildungen, die beim Übergang in einen neuen Job helfen, sollen unabhängig vom Alter und der bisherigen Qualifikation der Beschäftigten gefördert werden. Wenn ein Betrieb mindestens ein Fünftel seiner Beschäftigten umfassend weiterbilden muss, soll sich die Arbeitsagentur stärker an Lehrgangskosten beteiligen als bisher.

Ein Punkt blieb offen: Wie teuer die angepeilten Maßnahmen würden, könne noch nicht gesagt werden. Denn noch sei nicht klar, wie stark sie in Anspruch genommen würden, sagte Heil. Aber das Finanzpolster der Bundesagentur für Arbeit (BA) sei ausreichend, frisches Steuergeld nicht nötig. Die Neuerungen sollen in einem „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ realisiert werden. Grundzüge hatte Heil bereits im vergangenen Sommer angekündigt.

Die Zahl der Kurzarbeiter – zuletzt 96.000 – dürfte nach Prognosen der Bundesagentur auf ein Niveau steigen, dass das aus dem Euro-Schuldenkrisenjahr 2013 übertrifft. Heil sagte, wenn sich die Lage weiter entwickele wie bisher und Probleme vor allem auf dem Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen zunähmen, dann sei es sinnvoll, die Instrumente bald scharf zu stellen. IG-Metall-Chef Jörg Hofmann begrüßte die Regelungen: „Wir haben lange darauf gedrängt, dass der Zugang zur Kurzarbeit erleichtert und Kurzarbeit mit Qualifizierung verbunden wird.“

Künftig soll man sich auch elektronisch als arbeitsuchend oder arbeitslos melden können. Die Beratung der Arbeitsagentur soll per Videochat möglich sein.