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Komission Prüfmechanismus bei Kohleausstieg geplant

Noch steht kein Enddatum. Doch wird immer deutlicher, wie die Kohlekommission sich den Ausstieg aus Kohlestrom in Deutschland vorstellt.

23.01.2019, 08:22

Berlin (dpa) l Die Kohlekommission strebt einem Berichtsentwurf zufolge den schrittweisen Kohleausstieg in Deutschland im Einvernehmen mit den Kraftwerksbetreibern an. Sollte es bis Mitte 2020 keine Einigung auf Entschädigungen geben, empfiehlt sie demnach aber staatlichen Zwang. Der 123-seitige Bericht liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Für die 2020er Jahre dürfte das Gremium drei umfassende, unabhängige Überprüfungen vorschlagen. Ein Ausstiegsdatum enthält der Entwurf, über den die Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung" am Freitag beraten soll, noch nicht.

In den Jahren 2023, 2026 und 2029 sollen die Maßnahmen demnach "einer umfassenden Überprüfung durch ein unabhängiges Expertengremium" unterzogen werden, um gegebenenfalls nachzusteuern. Kontrolliert werden soll, wie der schrittweise Ausstieg aus der Stromgewinnung aus Braun- und Steinkohle sich auf das Erreichen der Klimaziele, die Strompreise, die Sicherheit der Stromversorgung, Arbeitsplätze, Strukturwandel und regionale Wertschöpfung auswirkt. Mehr als ein Drittel des Stroms in Deutschland kommt aus Kohlekraftwerken.

Für das Expertengremium empfiehlt der Entwurf Fachleute aus den Bereichen Strukturentwicklung und Regionalpolitik, Beschäftigung, Energiewirtschaft, Industrie und Klimaschutz – und regt an, "das Expertenwissen der Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung" weiterhin zu nutzen".

In der 28-köpfigen Kommission sitzen Wirtschaft, Arbeitnehmer, Klimaschützer und Wissenschaftler an einem Tisch. Sie sind von der Bundesregierung beauftragt, ein Konzept für den Kohleausstieg vorzulegen. Es soll sicherstellen, dass Deutschland sein Klimaziel 2020 mit möglichst wenig Verspätung erreicht und die Energiewirtschaft ihr Klimaziel für 2030 sicher schafft. Auch ein Enddatum für den Ausstieg aus der Kohle und Vorschläge für den Strukturwandel in den Kohleregionen sind Teil der Aufgabe. Vor allem in der Lausitz, im Rheinischen und im Mitteldeutschen Revier hängen noch Zehntausende Jobs direkt oder indirekt an der Kohle.

Tempo und Endzeitpunkt des Kohleausstiegs sind in dem Entwurf noch offen. Darüber könnte sich die 28-köpfige Kommission bereits an diesem Freitag einig werden – auch das Enddatum steht bisher aber unter dem Vorbehalt von Überprüfungen 2026 und 2029. Umstritten ist auch noch, ob im Bericht stehen soll, dass der umkämpfte Hambacher Forst in Nordrhein-Westfalen und die noch bewohnten Dörfer um die Braunkohle-Tagebaue stehenbleiben können.

Um Verbraucher nicht zu sehr mit steigenden Strompreisen zu belasten, empfiehlt die Kommission laut Entwurf, "eine Reduzierung der Übertragungsnetzentgelte in angemessener Höhe zu prüfen" und dafür "gegebenenfalls die erforderlichen Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen". Netzentgelte sind ein wichtiger Bestandteil der Stromkosten. Subventionen für energieintensive Unternehmen sollen Fortbestand haben und erweitert werden.

In einem 194-seitigen Anhang werden zahlreiche Projektlisten der Bundesländer für die Strukturentwicklung aufgeführt, auch im Berichtsentwurf selbst spielt der Strukturwandel eine wesentliche Rolle. "Die Kommission hält es für sinnvoll und notwendig, für die Braunkohlereviere klare Zielgrößen für die Zahl der anzusiedelnden Arbeitsplätze in Behörden des Bundes und der Länder zu definieren. So wäre die Schaffung von insgesamt bis zu 5000 neuen Arbeitsplätze durch den Bund in den nächsten 10 Jahren angemessen", heißt es dort.

Es geht zum Beispiel um schnelles Internet, neue Verkehrswege wie Bahnstrecken oder die Ansiedlung von Forschungseinrichtungen etwa der Max-Planck- und der Fraunhofer-Gesellschaft sowie Bundesbehörden. In einem Gesetz soll das Engagement des Bunds beim Strukturwandel verbindlich festgeschrieben werden.

In dem Entwurf wird außerdem an die Verantwortung der Bundesregierung appelliert, die die Strukturentwicklung in den Kohleregionen "kurz-, mittel- und langfristig" unterstützen solle. Dies sei "unerlässlich, um die Akzeptanz der Menschen in den Revieren für den Strukturwandelprozess zu stärken". Auf Druck vor allem der ostdeutschen Kohleländer Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt hatte die Kommission in die Verlängerung gehen müssen. Den Ministerpräsidenten war das Thema Strukturwandel nicht konkret genug angegangen worden.

Die Bundesländer sollen sich laut Berichtsentwurf mit dem Bund zeitnah einigen, welche konkreten Maßnahmen bis Ende 2021 umgesetzt werden können. Die Kommission könnte empfehlen, für den Zeitraum 2019 bis 2021 ein Sofortprogramm als ersten Investitionsanreiz für die Kohlereviere aufzulegen. Bestandteil könnte eine Investitionszulage sein, um private Investoren anzulocken.