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Politik Der Deutsche an der Spitze Rumäniens

Weil er sich um die europäische Einigung verdient gemacht hat, erhält Rumäniens Präsident Klaus Iohannis den Magdeburger Kaiser-Otto-Preis

Von Steffen Honig 14.10.2020, 12:36

Es war Klaus Iohannis nicht vorbestimmt, einmal der Staatspräsident Rumäniens zu werden. Er ist Siebenbürger Sachse, gehört damit zur deutschen Minderheit im Land. Als Klaus Werner Johannis wurde der 61-Jährige in Hermannstadt, rumänisch Sibiu, geboren.

Tausende Deutschstämmige hatten sich unter Ceausescu-Diktatur in Richtung Bundesrepublik davon gemacht, seitdem das seit den 1970er Jahren möglich wurde. Die Bevölkerungsgruppe der Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben in Rumänien schrumpfte arg zusammen. Klaus Ioannis blieb, studierte Physik und wurde Lehrer.

Der Umbruch in Osteuropa erreichte Rumänien zwar erst Ende 1989, war aber dafür um so heftiger. Tagelang leistete der Geheimdienst Securitate bewaffneten Widerstand, Diktator Nicolae Ceausescu wurde nach einem Schnellprozess zusammen mit seiner Frau Elena an die Wand gestellt und erschossen. Rumänien aber war frei.

Von der Zeitenwende profitierten insbesondere die Minderheiten wie Ungarn oder Deutsche. Auch Klaus Iohannis wurde aktiv: Er trat in das neugegründete Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR) ein. Für das Forum gewann er 2000 die Bürgermeisterwahl seiner Heimatstadt. Bis 2014 blieb er Stadt- oberhaupt und erreichte 2004 sogar sagenhafte 88,7 Prozent Zustimmung.

Wie erreichte Iohannis diese Popularität? Unter seiner Ägide entwickelte sich Hermannstadt/Sibiu zu einem Zentrum des Aufschwungs in einem Land, das sich noch immer in einem gewaltigen Aufholprozess zum EU-Niveau befindet. In Hermannstadt ist Deutsch seit der Wende wieder zweite Amtssprache. Zwar sind 95 Prozent der 150 000 Bewohner Rumänen, doch sind die verbliebenen rund 2000 Siebenbürger Sachsen ihrer Heimat treu, die sie seit dem 12. Jahrhundert mitprägten.

2007 war ein ganz großes Jahr – für Rumänien als neues EU-Mitglied, für Hermannstadt als Europäische Kulturhauptstadt und Bürgermeister Klaus Iohannis als Triebkraft hinter der Bewerbung.

„50 Jahre Kommunismus haben Narben in der Stadt zurückgelassen“, sagte Iohannis damals. Sie zu beseitigen, verordnete er der Stadt eine Komplettsanierung. Die Besucher staunten über den aufpolierten Glanz Hermannstadts mit seinem nicht nur neu geplasterten mittelalterlichen Kern.

Iohannis mischte schließlich auch im Bukarester Politikgeschäft mit. Er wurde als Minister gehandelt und 2014 zum Chef der Nationalliberalen Partei (PNL) gewählt.

Ein Bündnis verschiedener Parteien nominierte ihn im selben Jahr zum Präsidentschaftskandidaten. Er versprach Korruptionsbekämpfung, Rechtsstaatlichkeit und Reformen in Wirtschaft, Bildung und Gesundheitswesen. Iohannis gewann die Wahl gegen den damaligen Ministerpäsidenten Victor Ponta.

Heftige Auseinandersetzungen des Präsidenten mit der Regierungspartei, der nur dem Namen nach sozialdemokratischen Partei, prägten das Geschehen in Bukarest. Die EU nahm sich das Land wegen des desolaten Justizsystems vor.

Zudem musste der Präsident, selbst einer Minderheit entstammend, nun Minderheitenpolitik betreiben. Schwierig, vor allem, was die Ungarn in Siebenbürgen anbetrifft. Sie werden vom ungarischen Premier Viktor Orban als Landsleute betrachtet und behandelt und dürfen in Ungarn mitwählen.

Die Präsidentenwahl 2019 entschied Amtsinhaber Klaus Iohannis dennoch mit einer klaren Zwei-Drittel-Mehrheit für sich. Er schlug die PSD-Herausforderin Viorica Dăncilă aus dem Rennen. Ein klares Votum für den pro-europäischen Kurs des Präsidenten.

In der rumänischen Politik geht es allgemein reichlich krawallig zu. Die Liste der Skandale und Skandälchen ist lang. Weil Iohannis keinen Wert auf spektakuläre Auftritte legt, halten ihn manche Leute für arrogant und abgehoben. Doch gerade durch seine Art hat er es als Deutscher an die Staatsspitze Rumäniens geschafft.