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Prüffall AfD verklagt den Verfassungsschutz

Der Verfassungsschutz hat die Partei zum "Prüffall" erklärt. Darüber sollte er aber nicht reden, meint die AfD - und verklagt das Bundesamt.

06.02.2019, 20:54

Berlin (dpa) l Die AfD will dem Bundesamt für Verfassungsschutz gerichtlich verbieten lassen, sie öffentlich einen "Prüffall" zu nennen. Das bestätigte ein Sprecher der Partei am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatten "sueddeutsche.de", NDR und WDR berichtet. "Es geht um die Unterlassung der Aussage, dass die AfD ein Prüffall sei", sagte eine Sprecherin des Verwaltungsgerichts Köln am Mittwochabend der dpa. Ein entsprechender Eilantrag sei am Montag eingegangen. Wann darüber entscheiden werde, dazu könnten zunächst noch keine Angaben gemacht werden.

"Die Klage richtet sich nicht dagegen, dass der Verfassungsschutz die AfD prüft, sondern dagegen, dass das Amt dies öffentlich macht", erklärte der AfD-Parteisprecher. "Die öffentliche Benennung als Prüffall hat einen stigmatisierenden Charakter." Eine Sprecherin des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) sagte: "Mit Rücksicht auf ein laufendes Gerichtsverfahren äußern wir uns derzeit zur Gesamtpartei AfD nicht."

Eine Partei kann zum Prüffall werden, wenn die Behörden erste Anzeichen für extremistische Bestrebungen erkennen. Bei einem Prüffall ist eine Beobachtung mit V-Leuten oder anderen nachrichtendienstlichen Mitteln aber grundsätzlich nicht erlaubt. BfV-Chef Thomas Haldenwang hatte die Entscheidung am 15. Januar in einer Pressekonferenz öffentlich gemacht.

Die AfD hält dem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge auch die Einstufung der Gesamtpartei als "Prüffall" für fragwürdig. Damit sei noch keine offizielle Entscheidung gefallen. Somit fehle es dem Verfassungsschutz an einer juristischen Grundlage für seine öffentlichen Äußerungen. Für jede Wiederholung soll das BfV nach dem Willen der AfD demnach ein Ordnungsgeld von bis zu 10 000 Euro bezahlen. Die juristischen Schritte richten sich demnach nicht gegen die inhaltliche Begründung und auch nicht gegen die Einstufung von "Flügel" und "Junger Alternative" (JA).

Der "Flügel" um den Thüringer AfD-Partei- und Fraktionschef Björn Höcke war sogar zum Verdachtsfall erklärt worden. Damit ist der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel möglich, wenn auch nur sehr eingeschränkt. Beispielsweise ist dann eine Observation gestattet, ebenso das Einholen bestimmter Informationen von Behörden. V-Leute und die Überwachung von Telekommunikation sind erst erlaubt, wenn eine Organisation als Beobachtungsobjekt eingestuft wird. Auch die Nachwuchsorganisation JA wird vom BfV nun als Verdachtsfall behandelt.

Die AfD hatte schon unmittelbar nach der Bekanntgabe der Verfassungsschutz-Entscheidung erklärt, dagegen juristisch vorgehen zu wollen. Er halte die Argumente für nicht tragfähig, sagte Partei und Fraktionschef Alexander Gauland. Seine Co-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel sprach von einer "Wettbewerbsverzerrung im politischen Wettbewerb". Gauland betonte, es gebe keine Veränderung in der Zusammenarbeit mit dem "Flügel" und der JA.

Die Düsseldorfer Parteienrechtlerin Sophie Schönberger hält einen Erfolg der AfD "für nicht sehr wahrscheinlich, wenn auch nicht völlig abwegig", wie sie der "Tagesschau" sagte. "Was der Verfassungsschutz in seiner Öffentlichkeitsarbeit machen darf, ist im Einzelnen juristisch umstritten. Tatsächlich hat der Verfassungsschutz mit der Pressekonferenz Neuland betreten."

"Ungewöhnlich ist auch, dass eine Partei gegen die Öffentlichkeitsarbeit des BfV und dies per einstweiligem Rechtsschutz klagt. So sind die Hürden besonders hoch", erklärte Schönberger weiter. "Die AfD muss eine Dringlichkeit begründen und eine besondere Beeinträchtigung der Partei darlegen, die nicht bis zum Hauptsacheverfahren warten kann."

Der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sagte dem "Handelsblatt", es sei das gute Recht der AfD, eine bestimmte Frage gerichtlich prüfen zu lassen. "Das gilt auch, wenn das verfolgte Begehren der AfD, das Bundesamt für Verfassungsschutz auf mehr Intransparenz verklagen zu wollen, eher kurios anmutet", so von Notz. Es gebe ein hohes öffentliches Interesse an der Frage, "wie die zuständige Behörde das Agieren der AfD einschätzt".