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Frauenwahlrecht Premiere in Saudi-Arabien

Erstmals durften Frauen in dem islamisch-konservativen Königreich wählen und kandidieren.

13.12.2015, 23:01

Riad (AFP) l Bei der ersten für Frauen geöffneten Wahl am Sonnabend in Saudi-Arabien haben mehrere Kandidatinnen einen Sitz gewonnen. Mindestens neun Gemeinderätinnen wurden bei den Kommunalwahlen gewählt, wie Medien und die Wahlkommission unter Berufung auf Teilergebnisse berichteten. Es war das erste Mal, dass Frauen in dem ultrakonservativen Königreich wählen und kandidieren durften. Saudi-Arabien war der letzte Staat der Welt, der Männern das Wahlrecht vorbehielt.

Medienberichten zufolge wurden in der Hauptstadt Riad mindestens drei Frauen gewählt, in der Provinz Ihsa im Osten des Landes mindestens zwei. In der Provinz Tabuk im Nordwesten des Landes wurden mindestens zwei Frauen gewählt. Im Wahlkreis Madrakah nahe der heiligen islamischen Stadt Mekka und in der nördlichen Provinz Dschawf wurde jeweils mindestens eine Frau gewählt. Frauen unterliegen in dem Königreich, in dem eine strenge Auslegung des islamischen Gesetzes der Scharia gilt, zahlreichen Einschränkungen.

Die Gemeinderäte sind das einzige Gremium in der absoluten Monarchie, deren Mitglieder zu zwei Dritteln vom Volk gewählt werden. Das verbleibende Drittel wird von der Regierung bestimmt. Die Befugnisse der Gemeinderäte beschränken sich weitgehend auf Straßenbau, öffentliche Anlagen und Müllabfuhr.

„Nun haben Frauen eine Stimme“, sagte die Wählerin Awatef Marsuk in der Hauptstadt Riad. „Ich habe geweint. Es ist etwas, das wir sonst nur im Fernsehen in anderen Ländern gesehen haben.“ Allerdings sagte Marsuk, sie habe einen Mann gewählt, da er mehr Kinderkrippen versprochen habe. Viele der vollverschleierten Frauen wurden von ihren Ehemännern, Vätern oder Brüdern zu den Wahllokalen gefahren, da sie nicht selber Auto fahren dürfen.

Mohammed al-Schammari, der seine Tochter mit dem Auto brachte, sagte, er habe sie ermutigt, zu wählen. „Solange sie ihren eigenen Platz kennt und es keine Durchmischung mit Männern gibt, warum sollte ich sie vom Wählen abhalten? Wir unterstützen alles, was nicht gegen die Scharia verstößt“, sagte er. Der 78-jährige Ahmed Sulaibi sagte, er habe „keinerlei Vorbehalte“ gegen die Teilnahme von Frauen, die sich „voll“ an der Gesellschaft beteiligen können sollten.

Die Aktivistin Nassima al-Sadeh sagte, es sei nicht wichtig, ob Frauen für eine weibliche Kandidatin stimmten. „Was zählt, ist, dass man einen guten Menschen unterstützt“ und Gebrauch vom Wahlrecht macht, sagte al-Sadeh, die am Vorabend der Wahl aus nicht genannten Gründen disqualifiziert worden war.

Landesweit bewarben sich rund 6000 Männer und 900 Frauen um die Sitze in den 284 Gemeinderäten. In die Wählerlisten schrieben sich 119 000 Frauen ein, etwa zehn Mal weniger als Männer.