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Gerichtsverfahren Mann verurteilt, weil er Rettung behinderte

Als die Reanimation eines Kindes sein Auto blockierte, rastete ein Berliner aus.

28.08.2018, 23:01

Berlin (dpa) l Ein Fall, der nicht nur in Berlin Empörung auslöste: Als Rettungskräfte in einer Kita im Stadtteil Moabit einen kleinen Jungen wiederbeleben wollen, stört ein wütender Autofahrer den Einsatz. Zehn Monate später verurteilte das Amtsgericht Berlin-Tiergarten den 23-Jährigen nun zu 1800 Euro Strafe.

Weil sein Auto durch den Einsatzwagen blockiert worden war, habe er aus Egoismus Rettungskräfte behindert, begründete der Richter gestern die Entscheidung. Der Mann hatte gestanden und um Verzeihung gebeten.

Ein damals 18 Monate alter Junge war am 3. November 2017 beim Spielen plötzlich umgefallen. "Als Einsatzkräfte der Feuerwehr eintrafen, baute sich der Angeklagte vor einem Brandmeister auf, schimpfte und verlangte, dass der Rettungswagen weggefahren wird", hieß es im Urteil. Weil er keine Beachtung fand, habe der junge Mann gegen den Einsatzwagen geschlagen – ein Seitenspiegel sei beschädigt worden.

Der Angeklagte sei "völlig uneinsichtig" gewesen, beschrieb ein Feuerwehrbeamter die Szene. "Fahrt die Scheißkarre weg, ich muss zur Arbeit", habe er verlangt.

Der Beamte erklärte dem jungen Mann, dass es hier um das Leben eines Kindes gehe. Doch der Mann habe gerufen: "Mir doch egal." Eine Anwohnerin wurde auf den pöbelnden Mann aufmerksam und alarmierte daraufhin die Polizei.

Angriffe auf Rettungskräfte und Polizisten sorgen immer wieder für Aufsehen und Fassungslosigkeit. "Täglich wird in Berlin mindestens ein Rettungsfahrzeug behindert oder attackiert", sagte ein 29 Jahre alter Feuerwehrbeamter am Rande des Prozesses. "Es ist ein gesellschaftliches Problem – jeder ist sich selbst der Nächste."

So ging es in gleich drei Fällen, die gestern vor Strafgerichten in Berlin verhandelt wurden, um Attacken gegen Rettungskräfte. Ein 38-Jähriger soll im Januar im Stadtteil Kreuzberg einen Rettungswagen und dann auch Sanitäter mit Böllern beworfen haben. Weil der Angeklagte nicht zum Prozess erschienen war, erließ das Gericht einen Haftbefehl.

In einem weiteren Verfahren wurde gegen eine 35-Jährige verhandelt. Sie soll mit einem Kartoffelschäler in Richtung eines Sanitäters gestochen haben. Die Frau berief sich vor Gericht auf fehlende Erinnerung.

Der 23-Jährige, der vor der Kita ausgeflippt war, zeigte sich dagegen reumütig. Er erkenne sich in seinem damaligen Verhalten nicht wieder, erklärte er über seinen Verteidiger. Vor Ort habe er 2nicht wahrgenommen, worum es geht2, und hätte seine Wut an dem Einsatzwagen ausgelassen.

An jenem Morgen habe er unter Zahnschmerzen gelitten und sei spät dran gewesen. Sein Verhalten sei dumm gewesen. Die Feuerwehr macht so einen Einsatz nicht zum Spaß. Er sei sehr froh, dass der Junge gerettet werden konnte.

Der Verteidiger erklärte, sein Mandant habe bereits im Vorfeld des Prozesses eine Summe von 2000 Euro an die Eltern des Kindes gezahlt. Das Gericht sprach den 23-Jährigen, der in einem Imbiss arbeitet, der Behinderung von hilfeleistenden Personen und der gemeinschädlichen Sachbeschädigung schuldig.

Unter Einbeziehung von zwei früheren Verurteilungen erließ das Gericht eine Gesamtstrafe von 20 Monaten Haft auf Bewährung gegen den Angeklagten. Die Staatsanwältin hatte für das Stören der Retter eine Strafe von sechs Monaten Haft auf Bewährung gefordert, der Verteidiger stellte keinen konkreten Antrag. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.