Pflegereform Hilfe für Oma Kascholke

Der CDU-Sozialpolitiker Karl-Josef Laumann fordert in Magdeburg höhere Löhne in der Pflegebranche.

Von Hagen Eichler 05.12.2015, 00:01

Magdeburg l Das deutsche Sozialrecht ist ein Dschungel. Wer diesen Politikbereich gestaltet und sein Handeln erklären will, tut gut daran, einfache Bilder zu finden. Karl-Josef Laumann, der CDU-Sozialpolitiker, bringt gern Oma Kascholke ins Spiel. „Ob Oma Kascholke zuhause wohnen bleibt oder eine Wohngruppe gründet oder stationär betreut wird, ist ganz allein ihre Entscheidung“, sagt er dann etwa – der Staat dürfe nichts davon privilegieren.

Bei einem Kongress privater Pflegeanbieter aus Sachsen-Anhalt am Freitag in Magdeburg kam besagte Oma mehrfach zum Einsatz. Man darf vermuten, dass sie irgendwo rund um Laumanns westfälischen Heimatort Riesenbeck wohnt oder zumindest wohnen könnte.

Seine lokale Verwurzelung ist dem Pflegebeauftragten der Bundesregierung wichtig. Laumann erzählt den Unternehmern, was er von den Leuten aus seiner Nachbarschaft so alles hört – über fehlende Pflegekräfte etwa oder das Lohngefälle in der Branche. „Die Pflegekräfte aus Niedersachsen kommen nach Westfalen, weil sie da 500 Euro mehr verdienen, und die Westfalen bringen den alten Opa gern nach Niedersachsen, weil es da billiger ist“, wundert sich Laumann. „Ist ja klar, dass das nicht zusammenpasst.“

Sachsen-Anhalts Pflegedienst-Unternehmern macht er daher auch keine großen Hoffnungen, dass sie Arbeitskräfte aus dem Ausland anziehen können. „Die wissen genau, in welches Bundesland sie gehen müssen. Sie werden sich die Bezahlfrage stellen müssen“, appelliert er an seine Zuhörer.

Dass die Pflege für die Beitragszahler deutlich teurer wird, verhehlt der Staatssekretär nicht. Für die jüngst beschlossene Pflegereform steigt der Beitrag bis 2017 um einen halben Prozentpunkt. „Das klingt nach nicht viel, ist aber bei der Pflege eine saftige Beitragserhöhung von 20 Prozent.“

Das Geld fließt vor allem in eine Besserstellung von Demenzkranken. Eine halbe Million Menschen werde auf einen Schlag Anspruch auf Pflege bekommen, sagt Laumann. Im Volksstimme-Gespräch unterstreicht er die Folgen: „Wer vergessen hat, wie man ein Butterbrot macht, hat jetzt ebenso Leistungsansprüche wie der, der seine Hände aus körperlichen Gründen nicht mehr bewegen kann.“

Die größte Herausforderung wird sein, für eine immer ältere Bevölkerung mit viel zu wenig Nachwuchs ausreichend Pflegepersonal zu finden. Jahr für Jahr steigt die Zahl der Hilfebedürftigen um 2 bis 3 Prozent. 20 000 zusätzliche Pflegekräfte seien nötig, sagt Laumann – und das unter der optimistischen Prognose, dass weiterhin viele Alte von ihren Familien gepflegt werden. „Jeder Ausländer, der zur Pflege kommt, ist herzlich willkommen“, sagte er daher. Von den in Magdeburg versammelten Pflege-Unternehmern kommt kein Widerspruch.

Die Pflege-Betriebe hoffen längst auf die Flüchtlinge. „Könnte man denen nicht ein begleitetes Praktikum für mehr als drei Monate ermöglichen, damit sie die deutsche Arbeitswelt kennenlernen können?“, will Gisela Gerling-Koehler vom Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe wissen.

Laumann schüttelt entschieden den Kopf. Ausnahmen vom Mindestlohn seien mit der CDU nicht zu machen, betont er. Flüchtlinge dürften nicht zu Konkurrenten für untere Einkommensgruppen werden. Als Ausweg empfiehlt er, Praktika als Teil der Ausbildung zu deklarieren.

Die Ansprüche an Pflegekräfte sind vielfältig. In Laumanns westfälischer Heimat heiß begehrt sind Pfleger, die Plattdeutsch sprechen. „Wenn die Leute dement werden, sprechen sie wieder die Sprache ihrer Kindheit. Das wird hier genauso sein.“

Eines wird bei der Pflege der Alten aus Sicht von Laumann stets unentbehrlich bleiben: Die Zuwendung von Familie, Freunden und Nachbarn. Sein Rat daher: „Es ist nicht ganz dumm, so zu leben, dass einen ein paar Leute noch lieb haben, wenn man in Pflege muss.“