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Babymode Mit kleiner Kleidung groß werden

Strampler oder Skianzüge - Babys wachsen schnell aus ihrer Kleidung heraus. Ein Magdeburger Start-up hat dafür eine Lösung.

26.02.2018, 07:34

Magdeburg (dpa) l Kisten stapeln sich im Eingangsbereich des ehemaligen Fabrikgebäudes im Südwesten Magdeburgs. "Das Lager ist eigentlich nicht hier", entschuldigt sich Hendrik Scheuschner. "Hier stehen nur momentan die Tchibo-Klamotten." Scheuschner, 29 Jahre alt, ist Geschäftsführer und Mitbegründer des Online-Kleidungsverleihs "Kilenda". Seit Anfang 2018 arbeitet die Magdeburger Firma mit der deutschen Kaffee- und Handelskette Tchibo zusammen.

Seit dem Start am 23. Januar hat sich für die Magdeburger einiges geändert. "Es war der erfolgreichste Monat seit unserer Gründung", sagt Scheuschner. "Und das, obwohl der Tchibo-Shop erst ab der letzten Januarwoche online war."

Dabei verleihen die Magdeburger ihre Kinderkleidung schon seit einigen Jahren. 2013 kam Scheuschner und seinem Geschäftspartner Patrick Trübe erstmals der Gedanke: Wieso Kleidung für Kinder kaufen, wenn die viel zu schnell wieder herauswachsen?

Ziemlich spontan haben Scheuschner und Trübe, damals beide noch Studenten, ausprobiert, ob ihr Konzept Eltern anspricht. "Patrick hat quasi über Nacht eine Webseite gebaut. Ich bin in einen Laden gegangen und habe verschiedene Modelle von Babykleidung genau einmal gekauft", erinnert sich Scheuschner. "Online sah es natürlich so aus, als hätten wir alles mehrfach in verschiedenen Größen da." Die Strampler & Co. kamen in ein Regal, das die Studenten bei ihrem damaligen Arbeitgeber im Büro aufgestellt hatten. So ging Kilenda online.

Binnen kurzer Zeit hatte das junge Start-up 100 Kunden gewonnen. Jeden Tag musste Scheuschner Kleidungsstücke nachkaufen, um alle Bestellungen zu erfüllen. "Jeder hat am Ende auch alles pünktlich bekommen", erinnert sich Scheuschner und lacht. 2014 wurde die Firma schließlich offiziell gegründet – zunächst als Zwei-Mann-Unternehmen. Ende 2015 hatten sie bereits rund 1000 aktive Kunden, 2016 mehr als 3000. Mittlerweile sei der Kundenstamm auf etwa 9000 gewachsen. Bei einigen sei es zwar eine "On-Off-Beziehung", sagt Scheuschner. Etwa 4000 Mitglieder seien aber regelmäßig aktiv.

Dass "Sharing Economy" – also Teilen und Leihen statt Besitzen – tatsächlich klappt, sieht auch Peter Wippermann so. Der Trendforscher beschäftigt sich mit dem Verhalten von Konsumenten. "Besitz als Statussymbol verliert an Bedeutung", beobachtet Wippermann. Besonders gut funktioniere das in den Bereichen Reisen und Mobilität. Voraussetzung sei eine vernetzte Gesellschaft, erklärt Wippermann. Und: "Es ist ökonomisch sinnvoll, die Angebote sind reichhaltig und in einer Gesellschaft, die sich schnell wandelt, ist das Anhäufen von Gegenständen nicht länger das Ziel."

Mehr Nachfrage verzeichnet auch Kilenda. Das Start-up hat das Angebot in den vergangenen Jahren erweitert, hinzugekommen sind Umstandsmode, Zubehör, Spielzeug. Mittlerweile arbeiten rund 25 Mitarbeiter bei Kilenda, etwa acht von ihnen sind Werksstudenten. Rund 60.000 Kleidungsstücke hat Kilenda im Angebot, unterteilt in "Neu" und "Wie neu". Wer sich einen Strampler, einen Schneeanzug oder ein festliches Kleidchen aussucht, kann entscheiden, ob die Kleidung schon getragen worden sein darf. Danach richtet sich auch der Preis.

Bezahlt wird zunächst pro Monat, anschließend wird tagesgenau abgerechnet. "Wir wollen aber nicht, dass unsere Kunden einen Nachteil gegenüber dem Kauf von Kleidung haben", sagt Scheuschner. "Wer eine Sache so lange behält, dass er mit der Leihgebühr den Kaufpreis erreicht, dem gehört das Teil dann auch." Auch um Flecken oder Beschädigungen sollen sich die Eltern laut Scheuschner nicht sorgen müssen. "Die meisten Flecken bekommen wir wieder raus, kleine Mängel werden repariert."

Nach dem gleichen Konzept funktioniert auch die Zusammenarbeit mit Tchibo. Die Kleidung des Einzelhandelsriesen wird allerdings über einen anderen Onlineshop vertrieben. Auch das Angebot ist nicht das gleiche. "Wir haben für Tchibo den Mietshop gebaut, die Strukturen geschaffen. Wir versenden die Kleidung auch von Magdeburg aus und kümmern uns um den Kundendienst.

Tchibo selbst zeigt sich zufrieden mit dem Start. Viele Kunden interessierten sich für das Angebot, hätten sich zum Beispiel für den Newsletter angemeldet. Die meisten informierten sich aber erst noch, sagte eine Sprecherin. Vergleiche man die Bestellungen mit der Anzahl der Besuche im Onlineshop, sei diese Rate bei "Tchibo Share" ähnlich hoch wie bei Kilenda. "Die meisten Kunden bestellen etwa drei Teile mit einem durchschnittlichen monatlichen Mietwert von neun Euro", teilte die Sprecherin mit.