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Fahrradhersteller Mifa-Nachfolger setzt auf E-Bikes

Der Mifa-Nachfolger Bike Manufaktur möchte mit E-Bikes schwarze Zahlen schreiben. Das Unternehmen hofft auf eine ungebrochene Nachfrage.

06.03.2019, 08:57

Sangerhausen (dpa) l Sportlich, praktisch, robust oder Edeldesign: Wo im Sommer 2017 die Bänder für die Produktion still standen, hat die Fertigung von Fahrrädern wieder Fahrt aufgenommen. Mit flinken Fingern montieren Mitarbeiter der Sachsenring Bike Manufaktur GmbH Teile zusammen. Doch es ist nicht so wie damals, bei Mifa in Sangerhausen (Landkreis Mansfeld-Südharz). Es weht ein anderer Wind am 112 Jahre alten Zweiradindustriestandort im Süden Sachsen-Anhalts.

Der Chef und Eigentümer des im September 2017 gegründeten Unternehmens, der Coburger Automobilmanager Stefan Zubcic, beschreibt beim Gang durch die Produktionshalle sein Ziel: "2019 in die schwarzen Zahlen kommen". Dafür stünden die Ampeln auf Grün. Eine ungebremste Nachfrage nach Elektrorädern in Deutschland und Europa sowie zwei Großaufträge für insgesamt 60 000 Räder stimmten optimistisch, aus den anfänglichen Verlusten beim Start der Firma herauszukommen.

Das mittelständische Unternehmen wolle Sachsenring als E-Bike-Marke vor allem in Ostdeutschland etablieren. Der Anteil von E-Bikes soll sich in Sangerhausen von 50 Prozent in 2018 auf 70 bis 80 Prozent in diesem Jahr erhöhen. Rund 180 000 Fahrräder sollen 2019 insgesamt im Werk produziert werden, der Großteil mit Elektroantrieb.

"Zudem planen wir, die von uns assemblierten Räder einiger ausgewählter Hersteller über unsere eigenen Plattformen zu vertreiben", sagt Zubcic mit Blick auf das Geschäft im Bereich E-Commerce – dem Handel im Internet. Gut gefüllte Auftragsbücher lägen auch für Lohnmontagearbeiten vor. Ferner gebe es eine wachsende Nachfrage von Kunden über Internet-Shops nach mehr Service von der Beratung bis zur Wartung.

Elektroräder sind nach Angaben des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV/Bad Soden/Hessen) weiter stark im Kommen. Das E-Bike treibe den Markt voran, mit zweistelligen Wachstumsraten pro Jahr. Importzölle auf chinesische E-Bikes würden das Geschäft der Branche beschleunigen. Die Europäische Kommission hatte Mitte Januar Antidumping- und Ausgleichszölle auf die Einfuhren von Elektrofahrrädern aus China verkündet. Die Höhe der Zölle bewegt sich zwischen 18,8 Prozent und 79,3 Prozent, wie ZIV-Sprecher David Eisenberger erklärt.

Der Weg sei dennoch weiter steinig, die Konkurrenz auf dem Fahrradmarkt in Deutschland und Ländern wie den Niederlanden und Dänemark groß, sagt der Firmenchef von Sachsenring Bike. "Wir kommen aus einer schweren Zeit, aus einem Tal. Es gab 2017 keine Aufträge. Das größte Problem war, das Vertrauen in den Fahrradstandort Sangerhausen aufzubauen", beschreibt er die Ausgangslage und räumt zugleich ein: "Das hat länger gedauert als zunächst gedacht, Kunden und Lieferanten waren sehr, sehr vorsichtig mit uns." Denn die einstige Firma Mifa war zwei Mal in kurzer Zeit in Insolvenz gegangen.

Die Fahrradproduktion war – nach dem Ende des 800-jährigen Kupferbergbaus und anderer Industriezweige mit Zehntausenden Beschäftigten – nach 1990 der letzte große Arbeitgeber im Landkreis Mansfeld-Südharz. Zuletzt hatte Mifa (Mitteldeutsche Fahrradwerke AG) 500 Beschäftigte. Bis heute gehört der Landstrich zu denen mit der höchsten Arbeitslosigkeit in Deutschland (Landkreis Mansfeld-Südharz: 10,6 Prozent; bundesweite Quote: 5,3 Prozent/Februar 2019).

Zubcic war dort im Herbst 2017 mit der neu gegründeten Firma, die seine Sachsenring-Gruppe erweitert hat, in die alten Hallen gezogen. Montageanlagen und Lagerkapazitäten waren vorhanden, Aufträge nicht. Über den Kaufpreis wurde bei Vertragsabschluss mit Insolvenzverwalter Lucas Flöther Stillschweigen vereinbart.

Mittlerweile arbeiten in der Sachsenring Bike Manufaktur 180 Menschen, mit neuen Produktentwicklern und -gestaltern. "Mein Bestreben ist es, mit einer Kernmannschaft, die qualifiziert ist und auf die ich mich verlassen kann, auf Dauer zusammenzuarbeiten", betont der Unternehmer und zeigt zugleich im Show-Room der Firma auf Modelle aus dem Sortiment, vom zusammenfaltbaren Rad und Mountainbike bis zum Designerrad.

Unterm Strich will die neue Firma weiterhin auch Großhandel und Discounter bedienen – aber: Riesige Stückzahlen wie ehemals bei Mifa sind nicht vorgesehen. Man sei eine Manufaktur, betont Zubcic.