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Jung-Journalisten Blick über den Tellerrand

Regionale Medienhäuser passen ihre Redakteurs-Ausbildung an digitale Welt an.

Von Martin Rieß 22.02.2016, 00:01

Magdeburg l Die Ausbildung in den Redaktionen der Medienhäuser ist im Umbruch. Sowohl bei der Volksstimme als auch beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) sehen sich angehende Journalisten mit neuen Inhalten konfrontiert. Das berichteten Heike Groll, zuständig in der Volksstimme-Chefredaktion für Personal-Entwicklung, und Frank-Thomas Suppee, Leiter des MDR- Bildungscentrums in Leipzig, am Wochenende im Rahmen der Konferenz „Think Cross – Change Media“ an der Hochschule Magdeburg-Stendal.

Frank-Thomas Suppee sieht die Medienschaffenden der Zukunft vor völlig neuen Herausforderungen. Denn der Journalismus sei im Wandel. MDR-Redakteure würden heutzutage nicht mehr zwischen Fernsehen, Hörfunk und Online unterscheiden. Bereits bei der Planung, also vor dem Beginn einer Recherche, werde für alle Kanäle mitgedacht. Im Sinne der Trimedialität sei das Ziel des Volontariates beim MDR, einen Journalisten auszubilden, der am Ende über den eigenen Tellerrand hinausschaut, so Suppee.

Mehr Praxis und mehr Vertiefung seien gefragt: Dafür ist die Zahl der Praxisstationen erhöht worden. Die Aufenthaltsdauer in jeder Station beträgt zudem mindestens acht Wochen. „Unser Volontariat haben wir daher von 18 auf 24 Monate verlängert“, sagte Suppee. Volontäre können dabei im gesamten Sendegebiet des MDR, das neben Sachsen-Anhalt auch Sachsen und Thüringen umfasst, eingesetzt werden.

Heike Groll von der Volksstimme berichtete, dass sich auch bei der Zeitung aus dem nördlichen Sachsen-Anhalt die Ausbildung verändert. Das Volontariat habe allerdings schon immer zwei Jahre gedauert. Wie beim MDR werde den Volontären ein breiter Einblick ermöglicht, über die Grenzen der Kanäle Print und Internet hinweg.

„Einen wesentlichen Teil macht die praktische Arbeit aus“, sagte Groll. Statt drei sollen die Volontäre künftig vier Monate in der Mantelredaktion in Barleben absolvieren. Dort werden die Seiten produziert, die in allen Ausgaben der Volksstimme erscheinen – unter anderem Sachsen-Anhalt, Wirtschaft und Kultur.

Als Stationen gibt es in der Mantelredaktion den Reporterpool, in dem Inhalte recherchiert und produziert werden, den Newsdesk, an dem die Volksstimme-Seiten zusammengestellt werden sowie die Online-Redaktion.

Bei der Volksstimme schreitet die Vernetzung zwischen Inhalten der Zeitung und der Internetseite weiter voran: Es gehe nicht mehr allein darum, einen Beitrag für die gedruckte Zeitung am folgenden Tag zu produzieren. Die Aufgabe der Redakteure und Reporter sei es auch, Online-Texte zu schreiben, geeignete Bilderstrecken vorzubereiten oder Informationen für Infografiken zusammenzutragen, so Groll.

Innerhalb der Volontärs-Ausbildungen bei MDR und Volksstimme gibt es aber auch Raum für Experimente. Der MDR hat mit seinen Volontären zum Beispiel ein Projekt für den Programmbereich „Geschichte in Mitteldeutschland“ umgesetzt. Die Jung-Journalisten haben neben Beiträgen für das Fernsehen und den Hörfunk auch Videos für die Internet-Plattform Youtube produziert. Zudem sind Inhalte auch für Social-Media-Kanäle wie den Foto-Dienst Instagram erstellt worden, so Suppee.

Heike Groll sagte: „In den vergangenen Jahren hat jeder Volontärsjahrgang bei der Volksstimme ein eigenes Projekt umgesetzt, konnte so experimentieren und eigene Ideen losgelöst von Arbeitsalltag und Ausbildungsprogramm verwirklichen.“ Entstanden sind ein Blog über die Arbeit und das Leben der Volontäre, die Beilage „Zucht und Ordnung“ über Kleintierzucht und das Projekt „Triff deine Wahl“ zur anstehenden Landtagswahl.

Zwei dieser Projekte setzten auf das Internet als Ausspielkanal. Heike Groll: „Ob es die gedruckte Zeitung in einigen Jahren noch so geben wird, wie wir sie heute kennen, kann niemand sagen. Ich bin mir aber sicher, dass es auch in Zukunft einen Bedarf für die journalistische Aufarbeitung von lokalen und regionalen Inhalten geben wird.“ Es sei keine Frage, ob die Volksstimme künftig ihre Leser findet, sondern auf welchem Kanal diese erreicht werden.

Mit dem Wandel in den Medien befasst sich auch die Hochschule Magdeburg-Stendal, die Gastgeber für den Austausch war: Ausgerichtet wurde die Konferenz vom Master-Studiengang Crossmedia, der sich mit den Veränderungen in der Medienwelt auf journalistischem, gestalterischem und betriebswirtschaftlichem Gebiet befasst.