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Klimaschutz Die Kommission für den Kohleausstieg

Deutschland soll aussteigen aus der Stromgewinnung aus Braunkohle, dem Klimaschutz zuliebe. Wann und wie soll eine Kommission klären.

06.06.2018, 23:01

Berlin (dpa) l Als CDU, CSU und SPD Anfang des Jahres über die Energiepolitik der künftigen Großen Koalition verhandelten, da standen sich zwei Demonstranten-Lager gegenüber: Die Klimaschützer auf der einen Seite, die Kohlekumpel auf der anderen. Raus aus der Braunkohle, forderten die einen. Schützt unsere Jobs, forderten die anderen. Die Bundesregierung hat jetzt die Kohlekommission eingesetzt.

Warum überhaupt Kohleausstieg?

Deutschland hat sich national und international zum Kampf gegen die Erderwärmung verpflichtet – insbesondere im Klimaschutzabkommen von Paris. Dass die Energiewirtschaft langfristig kaum noch CO2 ausstoßen darf, steht damit fest. Ohne den Ausstieg aus der Braunkohle ist das nicht zu machen. Es geht also nicht um das „Ob“, sondern das „Wie“.

Wer sitzt in der Kommission?

Für die ostdeutschen Kohleländer Brandenburg und Sachen stehen die Ex-Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) und Stanislaw Tillich (CDU). Dritter Co-Chef ist der bestens vernetzte Bahn-Vorstand Ronald Pofalla. Für die Interessen der Umweltverbände steht als vierte im Bunde die Volkswirtin Barbara Praetorius, früher Vize-Direktorin der Denkfabrik Agora Energiewende. Daneben sind Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften und Wissenschaft sowie von Umweltverbänden und Kommunen in dem Gremium.

Was sind die Aufgaben und wie ist der Zeitplan?

Es geht um den Strukturwandel in den Kohleregionen, vor allem in der Lausitz, im mitteldeutschen Braunkohlerevier und im rheinischen Revier. Die Kommission soll bis Ende Oktober konkrete Perspektiven für neue Jobs schaffen und klären, wie notwendige Investitionen effektiv eingesetzt werden können. Vorschläge, wie Deutschland möglichst nah an sein Klimaschutzziel für das Jahr 2020 herankommen kann, sollen bis zum Beginn der UN-Klimakonferenz am 3. Dezember vorliegen. Ende des Jahres ist dann der Abschlussbericht fällig – inklusive Ausstiegsplan und Enddatum.

Was sind die Streitpunkte?

Greenpeace etwa will den Ausstieg schon bis 2030. Umweltschützer pochen auch auf ein sofortiges Aus für besonders schmutzige Kraftwerke – vielen ist der schnelle Einstieg in den Ausstieg wichtiger als ein Enddatum, weil es auf jede nicht ausgestoßene Tonne CO₂ ankomme. Vertreter der Wirtschaft und der Kohleländer halten dagegen, es sei ausgeschlossen, innerhalb weniger Jahre den Energiebedarf durch Wind und Sonne zu decken, da Deutschland bis 2022 auch noch aus der Atomkraft aussteige. Manche nennen das Jahr 2045.

Und was die Kommission beschließt, das gilt dann?

Nein. Die Ergebnisse sollen im kommenden Jahr in ein Klimaschutzgesetz fließen, das der Bundestag verabschiedet.

Wie viele Jobs hängen an der Braunkohle?

Laut Bundesverband Braunkohle (DEBRIV) waren 2017 in den deutschen Braunkohlerevieren rund 20 900 Menschen beschäftigt, davon die meisten (rund 8600) in der Lausitz in Ostdeutschland. Der Verband geht aber davon aus, dass insgesamt 70 000 Arbeitsplätze direkt und indirekt von der Braunkohle abhängen. Andere halten das für zu hoch gegriffen.

Welche Ziele hat Deutschland im Klimaschutz überhaupt?

Da ist erstmal das nationale Ziel, bis 2020 den CO₂-Ausstoß um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Bis 2030 sollen es 55 Prozent weniger sein, bis 2050 sogar 80 bis 95 Prozent weniger als 1990. Auch die EU hat solche Ziele: 20 Prozent Reduktion bis 2020, 40 Prozent weniger bis 2030 und 80 bis 95 Prozent bis 2050. Kompliziert wird es, weil die auf Nationalstaaten heruntergebrochenen EU-Ziele sich auf das Basisjahr 2005 beziehen. Das Klimaabkommen von Paris sieht vor, dass Staaten sich zur Reduktion ihres Treibhausgas-Ausstoßes verpflichten. Es gibt aber keine nationalen Ziele vor.

Drohen Stromausfälle, wenn Kraftwerke abgeschaltet werden?

Schon jetzt deckt Deutschland an manchen Tagen seinen Strombedarf zu einem sehr großen Anteil aus Ökostrom. Wenn allerdings die Sonne nicht scheint und es windstill ist, Stichwort „Dunkelflaute“, geht die Ökostrom-Produktion zurück. Nach Berechnungen der Bundesnetzagentur könnte bis 2030 die Hälfte der Kohlemeiler vom Netz, ohne dass Versorgungssicherheit in Gefahr gerät, wie ihr Präsident Jochen Homann der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ gesagt hatte.

Infografik: Immer noch viel Strom aus Braunkohle  | Statista Mehr Infografiken finden Sie bei Statista