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Weinanbau Neues Gewand für altes Weingut

Ehrgeizige Pläne gibt es im Weingut Sachsen-Anhalts in Kloster Pforta. Mit einer Flaniermeile am Fluss soll alles besser werden.

Von Petra Buch 05.10.2019, 23:01

Bad Kösen (dpa) l Die Lage ist top: Weiter Blick auf den Fluss und Jahrhunderte alte Weinberge, wo süße Trauben in der Sonne reifen, direkt vor der Haustür. Doch die momentane Idylle ist trügerisch. Das hat das verheerende Hochwasser von 2013 gezeigt. Und nicht nur deshalb stehen im Landesweingut Kloster Pforta in Bad Kösen (Burgenlandkreis) die Zeichen auf Anfang.

Im Einklang mit der Natur und dem Denkmalschutz will das Unternehmen am Fuße der Weinberge „Saalhäuser“ seinen Neubau hinsetzen. Denn die vorherigen Pläne, den angestammten Betrieb auf die andere Seite der Saale, auf das ehemalige Gelände der Gärtnerei des Klosters Pforta zu verlagern, sind gescheitert. Nicht machbar, der Baugrund gebe es nicht her – zu aufwendig und teuer. Derzeit wird am Stammsitz der Baugrund untersucht.

Ein denkmalgeschütztes Haus soll auf dem bisherigen Areal stehen bleiben, andere Gebäude weichen. Das Landesweingut soll nach einem Beschluss des Aufsichtsrates mit einem Neubau „vom Hochwasser der Saale weg, neun Meter über den Fluss“ ziehen, schildert der jetzige Geschäftsführer Fritz Schumann die neuen Pläne. „Wir bauen in Richtung Berg, mit Kellerklima.“

Bis dahin werde der Fluss nicht kommen. Konkrete Entwürfe von Architekten sollen in Kürze auf dem Tisch liegen. Ziel sei es, zwei Jahre zu planen und zwei Jahre zu bauen. „Denn das Geld für den Neubau müssen wir erwirtschaften“, räumt Schumann ein. 10 bis 20 Millionen Euro stehen an geschätzten Kosten im Raum.

Der frühere Bauernpräsident Schumann blickt auf die nahen Weinberge „Saalhäuser“. Emsiges Treiben herrscht dort. Denn die Weinlese im 800 Hektar großen und gut 1000 Jahre alten Anbaugebiet Saale-Unstrut ist im vollen Gange. Mit hohen Erwartungen hatte vor einigen Wochen auch in den anderen deutschen Weinanbaugebieten die Hauptlese begonnen.

Bundesweit wurde laut Deutschem Weininstitut (DWI/Mainz) mit einer guten Qualität bei etwa 20 Prozent weniger Ertrag als 2018 gerechnet.Was das Hochwasser 2013 zu viel war für die Weinbauern in der Region Saale-Unstrut, machten ihnen Trockenheit und Hitze in diesem Jahr zu schaffen.

Etwa ein Viertel weniger Wein als im Vorjahr, wo es auch schon ähnliche Ertragseinbußen aufgrund der Witterung gab, werden es wohl sein, schätzen Experten aus dem Anbaugebiet die Erntemenge für den Jahrgang 2019 ein. „Die Reben hatten Stress mit der Trockenheit. Doch der Regen im September hat den Anlagen sehr gut getan“, erklärt die Weinbauleiterin vom Landesweingut, Franziska Zobel.

Dabei misst sie mit dem Refraktometer den Zuckergehalt der Trauben, die von fleißigen Helfern in Handarbeit geerntet werden. „Die Qualität der Trauben ist wirklich top“, sagt sie mit Kennerblick. Ein prominenter Helfer im Weinberg pflichtet ihr bei.

„Schön süß, das mag ich“, sagt Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) bei einem Besuch und lässt sich bei der Handarbeit mit Schere und Ernteeimer am Rebstock eine Traube vom Weißburgunder, einer der Hauptrebsorten im Anbaugebiet, schmecken.

Das Weingut mit 50 Hektar Anbaufläche gehört dem Land Sachsen-Anhalt. Rund 300.000 bis 400.000 Flaschen Wein kommen insgesamt aus Kloster Pforta mit rund 30 Mitarbeitern im Jahr auf den Markt. Die Konkurrenz zu anderen Winzern in der Weinbauregion Saale-Unstrut, die wegen ihrer Landschaft auch „Toscana des Nordens genannt wird“, und zu anderen Anbaugebieten von Qualitätswein in Deutschland ist groß.

Neben Weinländern in Europa wie Frankreich, Spanien, Italien und Portugal sei nun auch China dabei, kräftig in den Weinbau zu investieren, weiß Zobel aus Fachkreisen zu berichten. „Wichtig ist uns, dass die Weine gesund sind und schmecken“, sagt sie und blickt auf die terrassenförmigen Anlagen am Fluss, wo seit 850 Jahren und länger Wein angebaut wird.

An der Saale soll künftig eine Flaniermeile direkt am Landesweingut entstehen, für Weinliebhaber und Wanderer. Rund 600.000 Euro erwirtschafte das Unternehmen derzeit im Eventbereich. „Das wollen wir verzehnfachen“, sagt Schumann. Rund 2,3 Millionen Euro Umsatz erzielt das Weingut im Jahr. Mit neuen Rebanlagen sollen es in den nächsten Jahren 4,5 Millionen Euro sein. Mit weniger Rotwein. Dafür mehr Weißweinen. „Der liegt voll im Trend“, sagt der Vertriebsleiter Benjamin Ohly, der zum jungen Team mit erfahrenem Chef gehört.