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TV-Tipp In bester Verfassung

Zwei Verfassungsschützer sollen gegen ihren Willen versetzt werden. Und inszenieren einen Anschlag, um zu beweisen, dass sie noch gebraucht werden. Zwei tolle Rollen für Gudrun Landgrebe und Uke Bosse. Eine gelungene Politsatire mit vielen aktuellen Bezügen.

Von Andreas Heimann, dpa 16.06.2019, 23:01

Berlin (dpa) - Schon der Titel ist Satire. "In bester Verfassung" ist in Niederlützel gar nichts. Auch nicht in der Außenstelle des Verfassungsschutzes, wo die beiden Mitarbeiter Mechthild Dombrowski und Paul Horner rumsitzen und Däumchen drehen.

In dem fiktiven Kaff in Nordrhein-Westfalen haben Verfassungsschützer wenig zu tun und eigentlich nichts verloren. Die Zeiten, als hier zumindest mal RAF-Terroristen eine Bedrohung darstellten, sind lange vorbei. Das weiß auch der Referatsleiter Frings - er will die Dienststelle deshalb schließen. Und damit nimmt das Verhängnis seinen Lauf.

Dombrowski (Gudrun Landgrebe) und ihr Kollege Horner (Uke Bosse) laufen zur Höchstform auf, als der arrogante Frings (Fabian Siegismund) ihnen mitteilt, dass sie nach Rostock versetzt werden sollen. Horner ist verzweifelt, Dombrowski wütend. "Wir gehen nicht nach Rostock, da gehe ich eher in Frühpension", faucht sie. Und schon bald wehrt sich das Duo infernale gegen die Pläne ihrer Vorgesetzten. Das ZDF zeigt "In bester Verfassung" am Montag, 17. Juni (23.55 Uhr) sowie als achtteilige Webserie in der Mediathek und auf Youtube.

Der Regisseur Joseph Bolz macht aus der Geschichte eine vielleicht leicht überdrehte, aber auf jeden Fall witzige Politsatire mit vielen Anspielungen auf Rassismus, rechte Populisten und überforderte Verfassungsschützer. Bolz hat zusammen mit Fabian Siegismund und Martin Brindöpke auch das Drehbuch geschrieben. Die satirische Web- und TV-Serie ist im TV-Labor Quantum der ZDF-Nachwuchsredaktion "Das kleine Fernsehspiel" entstanden, genau wie die Webserie "Familie Braun", die 2017 den International Emmy Award erhalten hat.

Dombrowski und Horner wollen beweisen, dass sie in Niederlützel noch gebraucht werden. Und dafür inszenieren sie einen vermeintlich islamistischen Anschlag auf dem Gelände des Schweinebauern Dietmar Senkfuß (Frank Schneider). Dumm nur, dass die Bombe nicht wie geplant hochgeht, sondern ein Schwein sie verschluckt und damit wegrennt - in Richtung Biogasanlage, die bei der Explosion mit in die Luft geht.

Bald darauf zeigt sich Niederlützel von seiner hässlichsten Seite. Der aus dem Ruder gelaufene Anschlag der beiden frustrierten Verfassungsschützer löst eine Welle von Fremdenhass und Rassismus aus: "Das war doch der Türke!", ätzt eine Dorfbewohnerin bei der Bürgerversammlung. "Handfeste Lösungen" fordert ein anderer. Und Bauer Senkfuß tobt: "Wollt ihr euch euer Schweinefleisch verbieten lassen? Wer kein Schwein kauft, ist Islamist!"

Auch Bürgermeister Rösgen-Schmidt, von Oliver Kleinfeld großartig als opportunistischer Wendehals gespielt, schaltet schnell auf Hetze um, sobald die Wutbürger das hören wollen. Bald schmiert jemand "Ausländer raus" an die Fensterscheibe beim Döner-Imbiss. Und dessen Besitzer wird überfallen und niedergeschlagen.

Währenddessen ahnt der Referatsleiter Frings, dass mit dem Anschlag irgendwas nicht stimmt - und auch, wer auf dem Bekennervideo unter der Sturmhaube steckt. Und er ist fest entschlossen, Dombrowskis und Horners Karriere auf die harte Tour zu beenden. Am Schluss kommt alles ganz anders - und die beiden werden sogar zu Niederlützels Ehrenbürgern. Aber das ist eine lange Geschichte.

""In bester Verfassung" zeigt, wie auf einfache Weise Fake-News entstehen und wie diese für populistische Zwecke eingesetzt werden können", sagt der Regisseur Joseph Bolz im Interview mit dem ZDF. "Man sieht, wie schnell das ganze Dorf bereitwillig demjenigen glaubt, der am lautesten schreit, ohne sich selbst ein Bild zu machen." Das stimmt. Und das ist eine ernste Sache - auch wenn "In bester Verfassung" ausgesprochen unterhaltsam davon erzählt.

In bester Verfassung