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TV-Tipp Stralsund: Doppelkopf

Warum gesteht ein Mensch einen Mord, den er vielleicht gar nicht begangen hat? Um diese Frage dreht sich ein Psycho-Krimi im Zweiten, eine harte Nuss für das Team von der Ostsee.

Von Johannes von der Gathen, dpa 22.11.2019, 23:01

Berlin (dpa) - Unter den TV-Kommissarinnen ist sie die kühle Analytikerin: Nordlicht Nina Petersen, gespielt von Katharina Wackernagel, ermittelt seit zehn Jahren in der ZDF-Krimiserie "Stralsund". Ihre bedächtige, ruhige Art kommt beim Publikum bestens an: Die letzten beiden Folgen der Reihe kamen laut ZDF auf mehr als sechs Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von über 20 Prozent.

In ihrem mittlerweile 15. Fall bekommen es Petersen und ihr Team diesmal mit einem geständigen Mörder zu tun, mit dem aber einiges nicht stimmt. Die neue Folge "Stralsund - Doppelkopf" läuft am Samstag um 20.15 Uhr im ZDF.

Los geht es erstmal ganz untypisch: Nina Petersen steht in einer Boutique und gönnt sich ein neues rotes Abendkleid. Glamour am grauen Ostseestrand? Von wegen - die gewissenhafte Beamtin wird ganz schnell von ihrem Berufsalltag eingeholt: Eine junge Frau ist in der Nähe des Strandbades ermordet worden. Kurze Zeit später spaziert der vermeintliche Mörder seelenruhig ins Präsidium und gesteht die Tat.

Peter Thies (eindringlich: Simon Schwarz) entpuppt sich als hochintelligenter Einzelgänger, der alle Details der Tat minutiös schildert und die Verhöre und den Rummel um seine Person sichtlich genießt. Ninas Chefin Caroline Seibert (Therese Hämer) frohlockt bereits, zumal der sonderbare Thies sich noch zu einem weiteren Mord bekennt. Nur Nina Petersen hegt ihre Zweifel, weil der so eifrig seine Schuld bekennende Verdächtige einfach kein Motiv für die Taten erkennen lässt.

Der kuriose Fall in der Regie von Thomas Durchschlag, der parallel zu einem Familiendrama erzählt wird, verlangt dem Team von Nina Petersen alles ab. Dabei plagen ihren älteren Kollegen Karl Hidde (Alexander Held) im Moment gesundheitliche Probleme und die Angst, von der Chefin aussortiert zu werden. Da helfen ihm dann die Ermunterungen von Jungspund Karim Uthman (Karim Günes) nur wenig. Der erfahrene Verhörspezialist Thomas Jung (Johannes Zirner) erweist sich wieder als Stütze für die Petersen, und privat läuft es auch rund bei den beiden.

Drehbuchautor Thomas Kanonenberg, der für seine Dokureihe "E! True Hollywood Story" eine Emmy-Nominierung einheimsen konnte, konzentriert sich in seinem "Stralsund"-Debüt ganz auf das durchaus faszinierende Porträt eines geltungssüchtigen, tiefverletzten Außenseiters. Den verkörpert Simon Schwarz mit bewundernswerter Präsenz und Abgebrühtheit. Aber die Spannung lässt in diesem Psycho-Drama leider etwas zu wünschen übrig.

Als Zuschauer bleibt man trotzdem dabei, weil man dem sympathischen Team gerne bei der Arbeit zusieht. Der sarkastische Oldie Karl Hidde, der nie um einen Spruch verlegen ist, kämpft sich gegen seine fiese Vorgesetzte zurück ins Leben und liefert das entscheidende Indiz zur Lösung des Falls. Da können dann die jüngeren Kollegen nur noch staunen.

Und Nina Petersen zeigt sich seriös wie immer. "Sag mal, gibt es für Dich noch etwas anderes als Arbeit", wird sie einmal in bierseliger Runde gefragt: Die Antwort bleibt sie schuldig.