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Feuerwehr "Kameraden haben Respekt verdient"

Dustin Grönke, Verbandsgemeinde-Wehrleiter Elbe-Heide, wirbt um mehr Anerkennung für Freiwillige Feuerwehren:

27.04.2020, 11:26

Elbe-Heide l Sie retten, leisten technische Hilfe und gehen für die Bevölkerung sprichwörtlich durchs Feuer: Frauen und Männer, die in Freiwilligen Feuerwehren ehrenamtlich Dienste leisten. Mitgliedergewinnung für die Wehren ist eine große Herausforderung, erzählt Dustin Grönke, Wehrleiter der Verbandsgemeinde Elbe-Heide, im Volksstimme-Gespräch.

Volksstimme: Wie sind die Wehren in Sachen Personalstärke aufgestellt?
Dustin Grönke:
Im Gesamten verfügt die Einsatzabteilung der Feuerwehr Elbe-Heide über 384 Mitglieder sowie 131 Mitglieder in den Kinder- und Jugendfeuerwehren. Die Personalstärke der Ortsfeuerwehren ist sehr unterschiedlich verteilt. So haben wir eine Feuerwehr mit 58 Mitgliedern der Einsatzabteilung, aber auch Feuerwehren mit weniger als zehn Mitgliedern. In der Gesamtstatistik sieht es bei den Einsätzen gut aus. Wir kommen im Jahr 2019 in der Summe auf 91 Einsätze, die durchschnittliche Ausrückzeit – die Zeit von der Alarmierung bis zum Ausfahren der Feuerwehr – betrug sechs Minuten. Im Schnitt waren neun Einsatzkräfte pro Einsatz verfügbar. Dies sind jedoch statistische Werte. Besonders in der Zeit zwischen 6 und 18 Uhr innerhalb der Woche sind wir auf die Alarmierung mehrerer Feuerwehren gleichzeitig angewiesen, um auf die geforderte Mannstärke im Einsatz zu kommen. Personell schlecht sieht es bei der Ortsfeuerwehr Cröchern aus, hier haben wir aktuell acht Mitglieder, jedoch Niemanden, der die Führungsausbildung zum Gruppenführer besitzt. Somit hat die Ortsfeuerwehr Cröchern keine Wehrleitung. Derzeit übernimmt die Gemeindewehrleitung diese Funktion.

Wie sieht es in Ihrem Bereich mit der Nachwuchsgewinnung in allen Altersklassen aus?
Die gestaltet sich sehr unterschiedlich. Wir haben es bei der Kinder- und Jugendfeuerwehr deutlich leichter, Mitglieder zu gewinnen, als bei den Erwachsenen. Erfahrungsgemäß ist es sehr schwierig, Jemanden, der die Lehrzeit bereits einige Jahre hinter sich gelassen hat, zu überzeugen, in die Feuerwehr einzutreten. Für viele ist die Truppmannausbildung Teil 1, welche jedes Feuerwehrmitglied durchlaufen muss, mit 72 Stunden abschreckend. Danach folgen innerhalb von zwei Jahren nochmals 80 Stunden Truppmannausbildung Teil 2 innerhalb der Ortsfeuerwehren. Weiterhin macht uns die aktuelle Laufbahnverordnug des Landes zu schaffen. Durch die darin geregelten langen Erfahrungszeiten benötigen wir sehr lange Zeit, um Führungskräfte nachzuziehen.

Das Ehrenamt in der Feuerwehr ist sehr zeitintensiv und wird kaum gewürdigt. Ihre Meinung dazu?
Dem kann ich voll und ganz zustimmen. Aber die Feuerwehrleute opfern ihre Freizeit gern für die Sicherheit der Bürger. Der Slogan „Unsere Freizeit für Ihre Sicherheit“ ist auch an einigen unserer Fahrzeuge zu lesen, was auch das Thema kurz und knapp auf den Punkt bringt. Jeder kann jederzeit in eine Situation geraten, in der er Hilfe benötigt. Was wäre, wenn es keine ehrenamtlichen Feuerwehren gäbe? Dann sähe es für alle sehr schlecht aus. Die Würdigung des Ehrenamtes ist sicher ein flächendeckendes Problem, hier wird nicht genug getan. Einige Gemeinden würdigen die Arbeit der Feuerwehren, indem die Kameraden freien Eintritt in die Freibäder bekommen, kostenlos mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren können oder auch Rabatte in Fitnessstudios. Innerhalb der VG Elbe-Heide werden Prämien für die langjährigen Tätigkeiten im Brandschutz (10 Jahre, 20 Jahre, 30 Jahre und folgend) gezahlt. Über Alternativen soll in Zukunft mit dem Verbandsgemeindebürgermeister und den Ortswehrleitern gesprochen werden. Aber nicht nur die Würdigung der Verbandsgemeinde gegenüber dem Ehrenamt der Feuerwehr, sondern auch die Würdigung und Anerkennung der Bürger ist ausbaufähig. Für Viele ist die Feuerwehr eine selbstverständliche Einrichtung, die tätig wird, wenn jemand Hilfe benötigt. So ist es auch, aber leider wird von Vielen nicht anerkannt, dass hinter den Feuerwehrleuten auch Familien stehen, die sehr viel Verständnis aufbringen müssen, dass der Vater oder die Mutter einen Großteil der Freizeit für das Ehrenamt opfern. Auch bei mir ist schon so mancher Familienausflug ausgefallen, weil ein Einsatz aufgelaufen ist. Und das Allerschlimmste, was bei mir auf absolutes Unverständnis stößt, ist die teilweise Respektlosigkeit und sogar Gewalt gegenüber den Rettungskräften, welche immer mehr zunimmt. So wurden bei uns während Einsätzen auch schon Kameraden beleidigt und auch körperlich angegriffen. So etwas geht überhaupt nicht und sollte viel mehr unter Strafe gestellt werden, als bisher.

Warum sollen Frauen, Männer und Jugendliche Mitglieder einer Freiwilligen Feuerwehr werden?
Hier möchte ich mich gern wiederholen: Jeder von uns kann jederzeit in eine Situation geraten, in der man Hilfe von anderen benötigt. Jeder von uns hat eine Wohnung oder ein Haus und die meisten von uns haben Familie. Es sollte sich Jeder einmal die Frage stellen: „Was ist eigentlich, wenn es bei mir einmal brennt und die Feuerwehr nicht ausrücken kann, weil nicht genügend oder gar keine Leute verfügbar sind?“ Da wartet man auf die nächste Feuerwehr, die dann einige Kilometer Anfahrt hat, aber im Notfall kommt einem jede Minute vor wie Stunden und bei einem Feuer oder einer eingeklemmten Person, in einem Fahrzeug zählt jede Sekunde zur Rettung von Menschenleben. Früher gab es den Grundsatz, dass von jedem Hof einer in die Feuerwehr eintreten musste. Das war ungeschriebenes Gesetz und der Grundsatz „Einer für Alle – Alle für Einen“ wurde gelebt. Aber Feuerwehr ist nicht nur Brände löschen oder Personen aus Fahrzeugen befreien. Die Freiwillige Feuerwehr bietet modernste Technik, eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung, gute Qualifizierungsmöglichkeiten in alle Richtungen, Kameradschaft, Zusammenhalt und Spaß.

Sie haben in Sachen Feuerwehr einen Wunsch frei. Welcher wäre das?
Ich würde mir wünschen, dass sich noch mehr Leute in allen Altersklassen für eine Mitarbeit in der Feuerwehr entscheiden, kein Problem innerhalb der Freiwilligen Feuerwehr ist größer als die Nachwuchssorgen.