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Ein weihnachtlicher Parasit zum Küssen: Misteln im Garten

Glücksbringer, Heilpflanze, magisches Kraut - die Mistel umgibt seit jeher eine zauberhafte Aura. An Weihnachten soll man sich unter ihren Zweigen küssen. Im Garten ist sie allerdings nicht immer gern gesehen. Denn sie ist ein Halbparasit.

Von Melanie Öhlenbach, dpa 17.12.2015, 04:00

Veitshöchheim (dpa/tmn) - In der Weihnachtszeit ist die Mistel heiß begehrt: Ein Kuss unter ihrem Laub soll einem Paar Glück bescheren. Und ein Strauß an der Tür böse Geister abwehren - so wollen es zumindest die alten Bräuche.

Aber nicht nur in den vier Wänden, sondern auch in der Natur kommt die Mistel im Winter besonders zur Geltung. Die grünen Knäuel sind in den kahlen Baumkronen gut zu sehen, sagt Gottfried Röll von der Bayerischen Gartenakademie.

Rund 70 Arten umfasst die Familie der Viscum. Am verbreitetsten ist hierzulande die Weißbeerige Mistel (Viscum album). Je nach dem Gehölz, auf dem sie sich niederlässt, unterteilt sie sich in drei Arten: Laubholz-Misteln kommen unter anderem auf Ahorn, Weiden, Obstbäumen und Hasel vor, Tannen-Misteln wachsen auf Weißtannen, und Kiefern-Misteln nisten sich auf Kiefern oder auch Fichten ein.

Misteln gehen mit ihrem Wirt eine einseitige Partnerschaft ein. Sie zapfen die Äste an und entziehen Wasser und Nährsalze. Als reiner Parasit gilt die Mistel aber nicht: Mit ihren länglichen, immergrünen Blättern kann sie Photosynthese betreiben und so die für das Wachstum benötigten Kohlenhydrate eigenständig herstellen.

Trotzdem ist sie in Bäumen nicht gern gesehen. Streng genommen stellt eine Mistel eine Schädigung des Gehölzes dar, sagt Röll. Er rät, vor allem bei massivem Befall die Halbparasiten zu entfernen. Ansonsten könnte der Baum so stark geschädigt werden, dass ein Neuaustrieb nicht mehr möglich ist. Aber: Von einer Mistel ist noch kein Baum umgebracht worden, betont hingegen Magnus Wessel vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Auch die Bezeichnung Halbparasit hört er wegen ihrer moralischen Wertung nicht gern. Schließlich seien die Beeren eine Nahrungsquelle für Vögel im Winter.

Mistelsamen können nur auf einem Wirt keimen. Ohne Gehölz können sie nicht leben, sagt Gartenbautechniker Röll. Wer also selbst Misteln züchten will, benötigt einen Baum oder Strauch. Die Anzucht ist einfach: Im Winter eine reife Beere in eine Astgabel oder in eine Ritze im Ast drücken - und viel Geduld haben. In den ersten Monaten bilden sich Haftscheiben aus und lassen erste Senkwurzeln in das Holz ein. Bis der eigentliche Trieb mit Blättern die Rinde durchbricht, kann es zwei Jahre dauern. Erst nach fünf Jahren kann man die ersten Früchte entdecken, erklärt Röll.

Wer nicht so lange warten möchte auf die Weihnachtsdekoration, kann auch Misteln sammeln. Allerdings nur in kleinen Mengen, nur für den privaten Gebrauch und ohne den Baum zu beschädigen, betont Wessel.

Beim Kauf sollte man neben einem schönen Beerenbesatz vor allem auf Frische achten, rät Manfred Hoffmann, Creative Director des Fachverbands Deutscher Floristen. Die Blätter sollten dunkelgrün, nicht zu dünn oder labbrig sein. Oftmals werden Misteln früh geerntet und dann in Kühlhäusern gelagert, damit sie frisch bleiben. Die Temperaturunterschiede bekommen Hoffmann zufolge den Pflanzen aber gar nicht. Wenn Blätter verloren gehen, Finger weg.

Spätestens alle zwei Tage braucht die Mistel in der Vase Wasser, empfiehlt Hoffmann. Das Gefäß wird dann auch gereinigt, die Stiele abgewaschen und nachgeschnitten. Je nach Zimmertemperatur können sie sich so bis zu 14 Tagen halten. Als Beigabe mit weißen Blumen wie Christrosen, Rosen, Papageientulpen oder einem weißen Weihnachtsstern wirken sie höchst edel, still und fein, findet der Florist.