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Kultur Ein Picknick wider den Pessimismus

Nach 62 Veranstaltungen endete das Magdeburger Kulturpicknick, das Kulturschaffenden während der Corona-Krise eine Bühne gab.

Von Karolin Aertel 10.08.2020, 01:01

Magdeburg l Während andernorts die Eventbranche in der Corona-Starre verharrt, blickt die Festung Mark auf ihre wohl höchste Veranstaltungsdichte. 62 Konzerte, Kabarett- und Theatervorführungen, Clubabende und Gottesdienste sind in den vergangenen elf Wochen über die Bühne gegangen. Mit einem Gottesdienst am Vormittag und einer Gesprächsrunde am Nachmittag, an der neben dem ehemaligen Kulturbeigeordneten Rüdiger Koch auch Schauspielerin Susanne Bard, Festungschef Christian Szibor und die neue Kulturbeigeordnete Regina-Dolores Stieler-Hinz teilnahmen, endete am Sonntag, 9. August 2020, die Kulturpicknick-Reihe. Festungschef Christian Szibor zieht eine positive Bilanz. Je nach Veranstaltung zählte er im Schnitt 60 bis 100 Gäste. Rund 7000 dürften es insgesamt gewesen sein. Gewiss sei das alles andere als kostendeckend.

Dennoch ist er froh, etwas dazu beigetragen zu haben, dass die Kulturlandschaft am Leben bleibt. „Es wird immer diskutiert, ob Kultur systemrelevant ist“, sagt er. „Ich meine, sie ist es. Ich bin aber auch der Meinung, dass sie dann auch während der Krise ihre Aufgaben wahrnehmen muss. Ein Bäcker muss schließlich auch seine Brötchen backen.“

Szibor und sein Team wollten Corona zum Trotz nicht in der Starre verharren und Pessimismus verbreiten. Sie wollten aber auch keine Corona-Veranstaltung ins Leben rufen, sondern etwas, das ein Stück weit Normalität verbreitet und bestenfalls auch nach Corona Bestand hat.

So ist die Idee des Kulturpicknicks geboren worden. Abstands- und Hygieneauflagen ließen Veranstaltungen in der Festung Mark nicht zu, wohl aber auf dem Hof der Anlage. Szibor spannte einen 400 Quadratmeter großen Schirm über die Besucher – als Regen- und Sonnenschutz, aber auch als symbolischen Schutzschirm für die Kunst- und Kulturlandschaft. Der Schirm wurde schnell zum Sinnbild und – weil an den Clubabenden illuminiert – zum „Magic Sky“ (magischer Himmel).

Allein er kostete rund 40.000 Euro, zwei Wochen förderte das Wirtschaftsdezernat den „Magic Sky“ mit 15.000 Euro und dank zahlreicher Sponsoren und Unterstützer konnte der Schutzschirm über den gesamten Zeitraum gespannt bleiben. Die Einnahmen durch Eintrittgelder und Gastronomie flossen in die Gagen der Künstler und in die laufenden Kosten. „Den Rest haben meine Leute ehrenamtlich gestemmt“, betont er im Hinblick auf Stimmen, die laut werden und behaupten, er müsse sich um die Festung doch keine Sorgen machen, ihm gehe es doch gut.

Das sei mitnichten der Fall. Veranstaltungen, mit denen Geld verdient werde, beispielsweise Hochzeiten und Abi-Bälle, fielen komplett weg. Auch die Festung Mark leidet enorm unter der Krise. Nur wollte Szibor nicht mitten im Hochsommer in den Winterschlaf fallen. „Hätten wir die Motoren ausgestellt, hätten wir sie womöglich nicht mehr hochfahren können“, sagt er.

Und so ließ er den Motor lieber mit halber Kraft weiterlaufen. Trotzdem sei es ein „ziemlicher Kraftakt gewesen“, erzählt er. Die Vielzahl an Veranstaltungen haben dem Team einiges abverlangt. Vom Gottesdienst über Kinderprogramme, Konzerte lokaler und überregionaler Künstler, Comedyveranstaltungen, Theateraufführungen und Talkrunden haben das breite Spektrum der Kunst- und Kulturlandschaft widergespiegelt. Sein persönliches Highlight sei das Jazzpicknick mit Sydney Ellis gewesen.

Nun beginnen langsam die Vorbereitungen im Inneren der Festung Mark. Dies in der Hoffnung, dass die 8. Landesverordnung wieder die Öffnung der Clubs zulasse. „Die Eiszeit, der Weihnachtsmarkt, Silvester - wir starten mit neuen Ideen. Alles aber mit bangem Blick, wie es weitergeht.“

Das Kulturpicknick soll jedenfalls auch in Zukunft den Veranstaltungskalender füllen. Eine Fortsetzung ist vor allem im Hinblick auf die Kulturhauptstadtbewerbung bis 2025 geplant.