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Generationenporträt "Alle Farben des Lebens": Wie eine Familie zusammenhält

Was, wenn die Tochter ein Junge sein will? Im Film "Alle Farben des Lebens" halten Naomi Watts als Mutter und Susan Sarandon als Oma natürlich zu ihrem Kind - auch wenn es ihnen nicht leicht fällt. Ein Familiendrama mit großartiger Besetzung.

Von Franziska Bossy, dpa 01.12.2016, 13:40

Berlin (dpa) - Die Familie ist auch im Kino ein großes Thema. Immerhin gibt das Streben nach Geborgenheit viel Stoff für Dramen. Das gilt ebenfalls für Geschichten ums Heranwachsen und Loslassen - wie im Film "Alle Farben des Lebens".

Das Drama setzt auf all jene Zweifel und Gefühlsausbrüche, die eine Familie durchrütteln, wenn ein geliebtes Kind seinen eigenen Weg gehen will. Besetzt ist es mit den spannenden Darstellerinnen Naomi Watts, Susan Sarandon und der überaus talentierten Jungschauspielerin Elle Fanning.

Fanning ("Maleficent - Die dunkle Fee") spielt die Hauptrolle der 16-jährigen Ramona. Die Jugendliche wünscht sich nichts sehnlicher, als ein Junge zu sein. Sie will Ray heißen, die Schule wechseln, ein selbstbestimmtes Leben führen. Wie gut, dass sie in einem liberalen New Yorker Haushalt lebt: mit ihrer Mutter Maggie, ihrer lesbischen Großmutter Dolly und deren Lebensgefährtin Frances. So sollten die Erwachsenen in Ramonas Familie ja wohl leicht davon zu überzeugen sein, dass sie eine Hormontherapie machen kann!

Doch ganz so einfach ist das nicht. Schließlich müssen beide Elternteile der Geschlechtsumwandlung der Minderjährigen zustimmen. Und zu Ramonas Vater hat die Familie seit Jahren keinen Kontakt. Ihre Mutter plagen zudem Zweifel, ob die Entscheidung richtig ist. Aber die Jugendliche lässt nicht locker. Sie beginnt, die Vergangenheit ihrer Mutter zu durchforsten - und lüftet ein aufwühlendes Geheimnis.

Der Film "Alle Farben des Lebens" spielt humorvoll mit den Klischees der modernen Patchworkfamilie. Ganz und gar ironisch kommt es Mutter und Großmutter vor, dass sie, die ihr Leben lang die Rechte der Frauen eingefordert haben, nun dabei zusehen sollen, wie ihre Tochter und Enkeltochter zum Mann im Haus werden will. Ramonas Entschluss wirft viele Fragen auf: Ist das Mädchen nicht zu jung für eine Geschlechtsumwandlung? Was, wenn sie den Schritt später bereut? Im Lichte dieser Zweifel zeigt das warmherzige Generationenporträt, wie die emanzipierten Frauen in dem gemütlichen New Yorker Altbau an ihre Grenzen geraten.

Das Team um Regisseurin Gaby Dellal hat sich eine kluge Geschichte und ein Drehbuch voller bittersüßer Dialoge ausgedacht, die sich um große Leitfragen drehen: Was bedeutet Normalität, wenn einem das eigene Geschlecht unnormal vorkommt? Und wie kann man in dieser Situation ein authentisches Leben führen, auch jenseits aller Geschlechtsfragen? Die Filmemacher haben eine fantastische Besetzung für ihr Projekt gewonnen: Es macht einfach Spaß, Naomi Watts und Susan Sarandon bei ihren Mutter-Tochter-Frotzeleien zuzusehen - sogar wenn sie sich um den Geschmack von Eiscreme streiten.

So bereiten die berühmten Stars die Bühne für Elle Fanning, die sich leidenschaftlich, aber ohne zu übertreiben in die Rolle der ebenso zerbrechlichen wie gefühlsstarken Ramona schmeißt: Wenn sie sich das Haar abrasiert, die Brust abschnürt oder ihre Muskeln trainiert. Trotz einiger stereotypischer Verhaltensweisen der Figur wirkt ihr Schauspiel nie schablonenhaft.

"Alle Farben des Lebens" ist dabei kein überreiztes Drama über Geschlechterrollen, sondern ein sehenswertes Drama, das irgendwie aus dem wirklichen Leben auf die Leinwand gepurzelt zu sein scheint. So müssen sich die Mitglieder dieser Filmfamilie oft gehörig zusammenreißen, um miteinander auszukommen. Doch was letztlich zählt, ist die Liebe zwischen jenen Menschen, die vor allem ihre Verwandtschaft zusammenschweißt - und wie sie das Beste aus den Familienbanden machen, auch wenn das nicht immer einfach ist.

Alle Farben des Lebens